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Inventar-Nr: 17629
Objekt: Handzettel


Flugblatt mit dem Gründungsaufruf "Aufbruch ´89" des Neuen Forum (mit Erstunterzeichnern)

Mit dem Aufruf "Aufbruch 89 - Neues Forum" vom 10. September 1989 gab die Bürgerbewegung "Neues Forum" ihre Gründung bekannt. 30 Personen aus verschiedenen Orten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unterzeichneten den Gründungsaufruf. Der Text wurde auf einem Computer erstellt und in größerer Stückzahl auf einer Maschine vervielfältigt, in Umlauf gebracht und u.a. auch auf der Leipziger Montagsdemonstration am 16. Oktober 1989 verlesen.

Michael Arnold, Mitinitiator der Demokratischen Initiative, nahm als einziger Leipziger am Gründungstreffen der oppositionellen Plattform am 9. und 10. September 1989 in Grünheide bei Berlin teil. Ihm fiel daher die Organisation des Leipziger Neuen Forums zu. Die basisdemokratische Ausrichtung und programmatische Offenheit führten zu einer raschen Verbreitung und großen öffentlichen Resonanz. Vertreter der Musikszene in der DDR solidarisierten sich in einer Resolution mit den Gründern. Die Erstunterzeichner des Gründungsaufrufes beschlossen, die Vereinigung am 19. September 1989 in allen Bezirken offiziell anzumelden. Auch beim Rat des Bezirks Leipzig ging ein Anmeldungsschreiben ein. Die SED ließ jedoch über die Medien verbreiten, dass das Neue Forum verfassungs- und staatsfeindlich sei und daher verboten wurde. Trotz des Verbots begann man aber feste Strukturen zu etablieren. Innerhalb weniger Wochen unterschrieben tausende Leipziger den Gründungsaufruf. Die Forderung nach Zulassung des Neuen Forums wurde zu einem der zentralen Punkte des Protestes im Herbst ´89. Im Auftrag der SED überwachte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Organisatoren und Unterzeichner, ohne aber die Formierung des Neuen Forums verhindern zu können. Auf Druck der "Straße" musste es am 8. November 1989 als politische Kraft offiziell zugelassen werden.

Immer mehr Menschen kehrten im Sommer 1989 der DDR den Rücken. Die politische Führung reagierte darauf nur mit hilflosem Starsinn. In dieser Krisensituation entschieden sich viele Menschen auch bewusst zum Bleiben, forderten aber nachdrücklich Reformen. Verschiedene Oppositionelle traten nun mit programmatischen Gründungsaufrufen an die Öffentlichkeit. Erstmals wagten sie den entscheidenden Schritt, der SED als oppositionelle Alternative offen entgegenzutreten. Sogar eine sozialdemokratische Partei wurde gegründet. Die Bürgerrechtler waren zugleich Hoffnungsträger und Sprachrohr für den Protest vieler Menschen in der DDR. Die Bürgerbewegung "Neues Forum" stand synonym für die verschiedenen Gruppierungen und erlangte zunächst den höchsten Bekanntheitsgrad und Einfluss. "Neues Forum zulassen" war eine Kernforderung des beginnenden Aufbruchs. Die neuen politischen Gruppierungen entfalteten innerhalb kurzer Zeit eine enorme Breitenwirkung. SED und Staatssicherheit versuchten diese "antisozialistischen Sammlungsbewegungen" mit den üblichen Mitteln zu bekämpfen (Hetzkampagnen, Observation, konspirative Wohnungsdurchsuchungen u.ä.). Die Initiativen forderten demokratische Bürger- und Menschenrechte sowie die Kontrolle über den Sicherheitsapparat ein. Um die notwendigen Reformen in Gang zu bringen und die Menschen zum Dableiben zu bewegen, wurde ein breiter öffentlicher Dialog und eine schonungslose Offenlegung der politischen, ökonomischen und ökologischen Situation der DDR gefordert. Innerhalb kurzer Zeit solidarisierten sich viele Menschen mit diesen Zielen. Deutliche Differenzen gab es bei der Wahl der Organisationsformen. Einige Gruppen verstanden sich als basisdemokratisch organisierte Interessenvertretung. Andere strebten bereits feste, parteiähnliche Strukturen an.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 10.09.1989
Hersteller: Neues Forum
Maße: Länge: 29,7 cm; Breite: 21 cm
Material: Papier
Farbe: Aufdruck: schwarz,
Blatt: weiß
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Information








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