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Inventar-Nr: 17662
Objekt: Transparent


Transparent "SCHWERTER ZU PFLUGSCHAREN" (Nachfertigung als Filmrequisit)

Das weiße Stofftransparent mit dem aufgedruckten mehrfarbigen Symbol "SCHWERTER ZU PFLUGSCHAREN" ist eine Anfertigung aus dem Jahr 2008. Hergestellt hat man es als Requisit für Filmaufnahmen zur Dokumentation "Das Wunder von Leipzig - Wie die Mauer wirklich fiel", die im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und ARTE produziert wurde (vgl. dazu Einzelheiten zur Dokumentation). In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war das Zeichen "Schwerter zu Pflugscharen" von Anfang an das Kennzeichen der Friedensdekaden und wurde zum Symbol der unabhängigen Friedensbewegung. Als Vorlage für das Logo diente eine Plastik des Bildhauers Jewgeni Wutschetitsch, die die Sowjetunion der UNO gestiftet hatte und die sich auf ein Bibelwort des Propheten Micha bezog. Vor allem junge Christen in der DDR trugen an ihren Jacken und Mänteln Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" und setzten so ein deutliches Signal gegen die wachsende Militarisierung der Gesellschaft. Allein das öffentliche Tragen dieses Symbols konnte das Ende des Abiturs oder des Studiums bedeuten. Die im kirchlichen Rahmen produzierten Aufnäher erlangten eine hohe Popularität. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sie den Unwillen des SED-Staates hervorriefen. Eine Informationstafel mit diesem Symbol und dem Hinweis auf die montäglichen Friedensgebete hängt auch heute noch in der Leipziger Nikolaikirche (vgl. alle Requisiten dieser Dokumentation).

Auf das atomare Wettrüsten der beiden Militärblöcke reagierte die Evangelische Kirche ab 1980 mit jährlichen Friedensdekaden im November. Unter dem Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" entwickelte sich eine unabhängige Friedensbewegung. Dies empfand der Staat als direkten Angriff und reagierte entsprechend, beispielsweise mit Verhaftungen oder der Unterwanderung durch Inoffizielle Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Mitglieder der kirchlichen Arbeitsgruppe Friedensdienst sowie die Diakone Hajo Döring und Günther Johannsen organisierten ab 1982 regelmäßig Friedensgebete in der Nikolaikirche. Im Herbst 1983 fanden wiederholt Kerzendemonstrationen auf dem Leipziger Markt statt. Die Initiatoren der Kerzenaktion während der Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche wurden zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Im Jahr 1987 übernahm Pfarrer Christoph Wonneberger die Koordinierung der Friedensgebete. Diese erfuhren jetzt eine stärkere Politisierung und widmeten sich aktuellen Problemen. Die Nikolaikirche wurde dadurch zu einer festen Institution des politischen Protestes. Teile von Leipziger oppositionellen Gruppen bemühten sich auch um die Zusammenarbeit mit den Ausreisewilligen. Diese besuchten immer öfter die Friedensgebete und beteiligten sich an gemeinsamen öffentlichen Protestaktionen. Sie nutzten beispielsweise aber auch - unter ständiger Beobachtung durch die Staatssicherheit (vgl. "Aktion Treffpunkt") - die Montage während der Leipziger Messe, um im Schutz westlicher Journalisten auf ihre Situation hinzuweisen.

Schon Kinder und Jugendliche erlernten in der DDR den Umgang mit Schutzmaske und Waffe. Im Rahmen der von der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) organisierten vormilitärischen Ausbildung, die ab der 8. Klasse (14 Jahre) obligatorischer Bestandteil des Lehrplanes aller Schulen war, bzw. im Lehrgang "Zivilverteidigung" (vorwiegend Mädchen nahmen daran teil) als Teil der allgemeinen Wehrerziehung, wurden sie mit den Schutzmöglichkeiten bei einem Einsatz von Massenvernichtungsmitteln vertraut gemacht. Auch später an den Berufsschulen, Hoch- und Fachschulen und Universitäten war Wehrertüchtigung weiterhin Pflicht.


Sammlung: Transparente
Datierung: 2008
Hersteller: Lüpert, Broadview-TV GmbH
Maße: Länge: 91,5 cm; Breite: 88 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Tuch: weiß,
Aufdruck: rot, graubraun, blauviolett
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Filmaufnahme








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