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Inventar-Nr: 17836
Objekt: Papier


Druckpapier OHB 70 (Bevölkerungsbedarf)

Dieses Paket enthält 500 Blatt Druckpapier OHB 70 aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Auf dem Etikett ist es als "Bevölkerungsbedarf" gekennzeichnet (vgl. auch Druckpapier OHB 70). Auf diesem Papier wurde das, anlässlich der Umwelt-Protestaktion "Eine Hoffnung lernt gehen - Pleißepilgerweg 1989", vom Christlichen Arbeitskreis Weltumwelttag (AKW) im Selbstverlag herausgegebene Info-Heft "Die Pleiße" gedruckt.

Papier war in der DDR Mangelware, die Zuteilung an Verlage und für den freien Verkauf lagen in staatlicher Hand und erfolgte streng reglementiert nach den Festlegungen einer Papierkommission des Zentralkomitees (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Abgewickelt wurde die "Papierkontingentierung" über die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur. Während die Verlage mit ideologie- und propagandarelevanten Produktionen, wie der Dietz Verlag und der Militärverlag der DDR sowie die Schul- und Lehrbuchproduktion, im Laufe der Jahre kaum von Kürzungen der Papiermengen betroffen waren, mussten Wissenschafts-, Belletristik- und Fachverlage immer wieder Kürzungen hinnehmen. Noch schwieriger war die Beschaffung von Papier für den privaten Gebrauch. Solches, zumeist mit "für den Bevölkerungsbedarf" deklarierte und qualitativ schlechte Papier, war in den Geschäften kaum in größeren Mengen vorrätig. Da in der DDR jegliches Drucken, selbst von persönlichem Briefpapier, nur mit einer staatlichen Druckgenehmigung erlaubt war, machte man sich aber ohnehin verdächtig wenn man größere Mengen kaufte. Die Opposition war daher zur Herstellung ihrer Samisdat-Literatur oder Flugblätter, Aufrufe und Handzettel auf zahlreiche Helfer angewiesen, die Papier in kleinen Mengen landesweit in verschiedenen Läden beschafften. Die illegalen Informationsschriften entstanden zumeist unter dem Schutz der Kirche, da diese neben der staatlichen Verwaltung und einigen Betrieben eigene Vervielfältigungsgeräte besaß, die sie teilweise den Bürgerrechtlern für ihre Arbeit zur Verfügung stellte. Es existierten daneben aber auch einige wenige nicht registrierte, also illegale Geräte. Das benötigte Material (Druckfarbe sowie Schablonen und Matrizen) musste überwiegend aus dem "Westen" organisiert werden. Weitere Möglichkeiten der Vervielfältigung auf die man zurückgriff, waren Durchschläge mittels Schreibmaschine, Fotoabzüge oder Siebdruck.

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beobachtete und verfolgte intensiv die Herstellung und Verbreitung der im Selbstverlag und an der staatlichen Zensur vorbei erschienenen Schriften (vgl. Linie XX). Durch massiven Druck auf die Kirche und durch eingeschleuste Inoffizielle Mitarbeiter (IM) in den Oppositionsgruppen versuchte sie das Erscheinen von unliebsamen Publikationen zu verhindern oder aber den Inhalt weitestgehend politisch zu "entschärfen". Brachte dies keinen Erfolg wurden auch Ordnungsstrafverfahren oder "Zersetzungsmaßnahmen" gegen Redaktionsmitarbeiter eingeleitet. Oft, so z.B. im Fall der Durchsuchung der Umwelt-Bibliothek im November 1987 durch die Staatssicherheit, kam es auch zu Verhaftungen und zur Beschlagnahmung der Druckmaschinen und Druckmaterialien. Gleiches geschah auch, wenn die Stasi der Hersteller und Verteiler illegaler Flugblätter habhaft wurde.


Sammlung: Büroausstattung
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: VEB Papierfabriken Heiligenstadt
Maße: Paket: Breite: 21 cm; Länge: 30 cm; Höhe: 6 cm;
Blatt: Breite: 21 cm; Länge: 29,7 cm
Material: Papier
Farbe: Verpackung: hellbraun,
Blatt: beige,
Etikett: weiß,
Aufdruck: rot
Verwendung: Büroarbeitsmaterial, Vervielfältigen von Schriftstücken und Flugblättern









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