Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 17865
Objekt: Handzettel


Flugblatt der "Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte" in der DDR

Der vorliegende zweiseitige Aufruf (2 Blatt) stammt von der DDR-weiten "Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR" und wurde von Leipzig aus in die Deutsche Demokratische Republik (DDR) versendet. Aus Anlass des Internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember 1988 rief die Arbeitsgruppe überregional dazu auf, Informationen über Menschenrechtsverletzungen in der DDR zu sammeln und der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Zugleich war dieses Schreiben auch der Gründungsaufruf der Arbeitsgruppe, die sich bereits am 6. Dezember 1988 konstituierte. Vorbereitet wurde die geplante Versendung des Aufrufes während eines Treffens verschiedener Bürgerrechtler in der Nacht vom 8. zum 9. Dezember 1988 bei Pfarrer Christoph Wonneberger in Leipzig. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erfuhr durch einen inoffiziellen Mitarbeiter von dem Aufruf, die Abteilung XX des MfS leitete daraufhin operative Kontrollmaßnahmen ein. Durch eine konspirative Sonderleerung eines öffentlichen Briefkastens durch die Abteilung M der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) und die Sicherstellung und Kontrolle der Postsendungen gelangte die Stasi in den Besitz des Aufrufes. Sie sah in der Sammlung von Verletzungen der UN-Menschenrechtskonvention in der DDR ein gesetzwidriges Verhalten. Der Aufruf wurde auf einer Schreibmaschine verfasst und auf einer Maschine vervielfältigt.

Das öffentliche Eintreten für demokratische Grund- und Menschenrechte in der DDR war gefährlich und konnte lange Haftstrafen zur Folge haben. Trotzdem beschäftigten sich zahlreiche oppositionelle Gruppen mit Rechtsfragen und Menschenrechten. Die Gruppen standen in ständiger Verbindung. Um diese einzelnen Gruppen zu vernetzen wurde eine "Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte in der DDR" (ASM) gegründet. Innerhalb der Oppositionsbewegung war der Einfluss der Menschenrechtsgruppen relativ groß, insbesondere die Gruppen in Leipzig, beispielsweise die Arbeitsgruppe Menschenrechte (AGM) und der Arbeitskreis Gerechtigkeit (AKG), waren besonders aktiv. So verteilten beispielsweise Oppositionelle am 5. Dezember 1988 auf dem Leipziger Nikolaikirchhof Flugblätter, in denen sie über die UN-Menschenrechtsdeklaration informierten. Die ASM gab immer wieder Mitteilungen zur Menschenrechtssituation in der DDR heraus und organisierte regelmäßige Treffen, bei denen sich die Mitglieder der beteiligten Gruppen untereinander austauschten. Die Menschenrechtsgruppen versuchten auch verstärkt öffentliche Demonstrationen zu organisieren. So riefen im März 1989 verschiedene Gruppen zu einem Solidaritäts- und Aktionstag für die inhaftierten Bürgerrechtler in der CSSR auf. Im Laufe des Jahres 1989 ging die ASM dann neu ausgerichtet als "Projektgruppe Menschenrechte in der DDR" in die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) über (vgl. auch die Ereignisse um die Demonstration für demokratische Grundrechte am 15. Januar 1989).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 10.12.1988
Hersteller: Arbeitsgruppe zur Situation der Menschenrechte
Maße: Länge: 29,7 cm; Breite: 21,1 cm
Material: Papier
Farbe: Aufdruck: schwarz,
Blatt: beige
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Information









IMPRESSUM   |   DRUCKEN