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Inventar-Nr: B00949
Objekt: Buch


Heft "Wir über uns"
Anthologie der Kreisarbeitsgemeinschaft "Schreibende Tschekisten"

Einen Einblick in die bizarre Gedankenwelt der selbst ernannten "deutschen Tschekisten", als welche sich die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Tradition der bolschewistischen "Tscheka", der gefürchteten politischen Geheimpolizei im revolutionären Russland selbst sahen, gibt dieses Heft. Das als "Geheimsache" deklarierte und mit dem Vermerk "Nur für den Gebrauch im MfS bestimmt" versehene Heft ist ein Beispiel der makabren wie auch unfreiwillig komischen Bemühungen der MfS-Führung ihre hauptamtlichen Mitarbeiter moralisch aufzurüsten. Die Anthologie der Kreisarbeitsgemeinschaft "Schreibende Tschekisten" versammelt eine Auswahl von lyrischen und literarischen Beiträgen der dichtenden Genossen die ganz im Sinne des kommunistischen Schriftstellers Friedrich Wolf "als Waffe im täglichen Kampf zur Stärkung, zum Schutz und zur Sicherung des Sozialismus und des Friedens" betrachtet wurden - hier wurde Wolfs Credo "Kunst ist Waffe" wörtlich genommen. Das Heft, das eine Auswahl aus den Arbeiten enthält die in Vorbereitung des 35. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) entstanden sind, erschien anlässlich des 35. Jahrestages der Gründung des MfS und vereint solch pathetische Werke wie "Schwert der Partei", "Erbe und Auftrag", "Rückkehr des Kundschafters" oder "Denk ich an die Genossen". Im Vorwort, verfasst von der Kulturkommission der SED-Kreisleitung, wird auch ganz klar auf die Intention dieser Anthologie verwiesen, so sollte sie u.a. "die politisch-ideologische Arbeit in den Partei- und FDJ -Kollektiven unterstützen und Anregungen zu einer noch lebendigeren Gestaltung des geistig-kulturellen Lebens geben", weiterhin sollte die Sammlung aber auch "dazu beitragen, den Klassenauftrag des X. Parteitages der SED zu erfüllen, das Vertrauensverhältnis zwischen Partei, Volk und dem sozialistischen Sicherheitsorgan weiter zu vertiefen und die Schönheit des Lebens im Sozialismus künstlerisch zu gestalten und bewußt werden zu lassen".

Die Grundsätze der Kulturarbeit im MfS bestimmte, wie auch in fast allen anderen Bereichen der DDR-Gesellschaft, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Die Staatssicherheit erachtete dies als selbstverständlich und stellte diese Tatsache auch nie in Frage, betrachtete sie sich doch in ihrem Eigenverständnis selber als "Schild und Schwert der Partei" - und ihr war bedingungslos zu folgen. Wie in den anderen Staatsorganen oder in den Betrieben der Volkswirtschaft führte man daher ebenso im MfS die gleichen, von der SED vorgegebenen Maßnahmen und Aktivitäten zur kulturellen Erziehung und Betätigung der Werktätigen - hier der Genossen Tschekisten - durch. In zahlreichen Arbeitsgemeinschaften und Zirkeln widmeten sich die MfS-Mitarbeiter dem volkskünstlerischen Schaffen, stellvertretend seien hier u.a. die Kreisarbeitsgemeinschaft "Schreibende Tschekisten", die Kreisarbeitsgemeinschaft "Malerei und Grafik" - einige ihrer künstlerischen Arbeiten sind auch in dem vorliegenden Heft abgebildet - die Fachgruppe Numismatik, die Singegruppen und der Zirkel "Filmende Tschekisten" genannt. Regelmäßig zeigten sie ihr "Können" auf Soldatenfestspielen und anlässlich anderer kultureller Höhepunkte. Dabei diente die Kunst aber nie dem Selbstzweck, sahen die Genossen "Volkskünstler" ihre eigentliche Aufgabe doch darin, mit ihrem Schaffen "zur Ausprägung von Optimismus und Siegeszuversicht" beizutragen und somit zugleich den "erforderlichen Leistungsanstieg zur Erfüllung der tschekistischen Plan- und Kampfaufgaben" verwirklichen zu helfen.



Sammlung: Buch
Hersteller: Ministerium für Staatssicherheit
Maße: Breite: 14 cm; Länge: 20 cm
Material: Heftklammer: Metall,
Heftblock: Papier,
Umschlag: Papier
Farbe: Aufdruck: weiß,
Einband: rot

Autor/Herausgeber: Ministerium für Staatssicherheit
Erscheinungsjahr: 1985
Auflage: Nur für den Gebrauch im MfS bestimmt
Umfang: 103 S.












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