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Inventar-Nr: F.A.07916
Objekt: Fotografie


Demonstration für Demokratie auf der Abschlussveranstaltung des Kirchentages am 09.07.1989 in Leipzig

Das Foto zeigt Teilnehmer der Demonstration für Demokratie am 09.07.1989 am Floßplatz in Leipzig. Die Demonstranten haben ein Netz aus bunten Bändern geknüpft, um ihre Zustimmung zur Aktion der Leipziger Oppositionellen auf dem Abschlussgottesdienst des Kirchentages öffentlich zu bekunden. Sie hatten eine Protestaktion organisiert und ein Transparent mit der Aufschrift "DEMOKRATIE" in Deutsch und Chinesisch entrollt. Damit bekundeten sie ihre Solidarität mit den Opfern der Gewalt vom 04.06.1989 in China. Da sie mit ihrem Transparent nicht auf die Bühne gelassen wurden, verließen sie das Gelände der Galopprennbahn im Scheibenholz. Immer mehr Besucher des Kirchentages schlossen sich dem Protest an. Schließlich zogen über 1.000 Personen Richtung Innenstadt. Am Floßplatz zerrten Stasi-Mitarbeiter die Transparente in eine Straßenbahn der Sonderlinie auf der Strecke der Linie 24. Daraufhin blockierten die Demonstranten aus Protest die Gleise.

Nach 1954 und 1978 fand vom 6. bis 9. Juli 1989 erstmals wieder ein Kirchentag in Leipzig statt. Bereits im Vorfeld beschlossen SED und Ministerium für Staatssicherheit umfangreiche Maßnahmen zur Verhinderung des "politischen Missbrauchs" des Kirchentages. Der Kirche war es vom Staat erlaubt worden, öffentlich für den Kirchentag mit dem Motto "Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst" zu werben. Im Gegenzug sollte sie die oppositionellen Gruppen weitgehend ausgrenzen

Auf staatlichen Druck hin verzichteten die Veranstalter deshalb bewusst auf politische Themen. Die Leipziger Oppositionsgruppen organisierten daher in der Lukaskirche einen Statt-Kirchentag, an dem etwa 2.500 Personen teilnahmen. Hier trafen sich Oppositionelle aus der ganzen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und tauschten sich über die aktuelle Lage sowie über Konzepte und künftige Aktionen aus. Aber auch auf den offiziellen Kirchentagsveranstaltungen thematisierten Teilnehmer und Besucher wiederholt politische Probleme und forderten Veränderungen in der DDR.
Während der Abschlussveranstaltung des Kirchentages auf der Galopprennbahn im Scheibenholz, die von etwa 60.000 Menschen besucht wurde, organisierten Basisgruppenmitglieder eine öffentliche Protestaktion. Sie entrollten Transparente mit den Aufschriften "Nicht noch mal! Wahlbetrug" und "Demokratie", letzteres auf Deutsch und Chinesisch. Den Versuch, mit den Transparenten auf die Bühne zu gelangen, verhinderten kirchliche Ordnungskräfte.
Immer mehr Besucher jedoch schlossen sich der Aktion an und knüpften aus bunten Bändern ein dichtes Netz. Schließlich zogen etwa 800 bis 1.000 Personen auf die Straße und bewegten sich in Richtung Innenstadt.
Die Sicherheitskräfte verhinderten die Demonstration aufgrund der Präsenz internationaler Beobachter nicht. Am Floßplatz entrissen Mitarbeiter der Staatssicherheit den Demonstranten das Transparent und zerrten es in eine Straßenbahn. Den weiteren Weg in die Innenstadt versperrten Polizeiketten. Deshalb zogen die Demonstranten in die nahe gelegene Peterskirche, wo die Aktion mit einer spontanen Andacht ihren Abschluss fand.


Sammlung: Friedliche Revolution, Demonstration
Datierung: 09.07.1989
Fotograf: Breckenfelder, Lutz








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