Die Linie XXII
(Terrorabwehr)

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Das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) war nach dem sog. Linienprinzip organisiert: Die meisten Hauptabteilungen (HA) im Ministerium setzten sich als Abteilungen in den einzelnen Bezirksverwaltungen (BVfS) fort. Gemeinsam bildeten sie eine ?Linie?.

Terrorismus galt beim Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) als ?eine zur politischen Strategie zugespitzte Form der reaktion?ren Gewaltaus?bung? und somit Terror als ?eine Wesens?u?erung des Imperialismus und der aggressiven Politik imperialistischer Staaten?. In der durch terroristische Anschl?ge gepr?gten und politisch unsicheren Zeit der 1970er Jahre reagierte das MfS daher 1975 mit der Gr?ndung einer eigenen Diensteinheit zur Terrorabwehr. Die Bildung des Bereiches ?Terrorabwehr? ging dabei konkret auf die Initiative des 1. Stellvertreters des Ministers, Generalleutnant Bruno Beater, zur?ck. Nach dem ?berfall der pal?stinensischen Terrorgruppe ?Schwarzer September? auf israelische Sportler w?hrend der Olympischen Spiele in M?nchen im Jahre 1972 bef?rchtete die Staatssicherheit f?r die X. Weltjugendfestspiele in Ost-Berlin im folgenden Jahr ?hnliches. Beater bildete daher f?r die Dauer des Festivals unter seiner Leitung eine Zentrale Einsatzgruppe (ZEG), die durch gezielten Einsatz von Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) und Operativen Vorg?ngen (OV), Informationen zu speziellen Organisationen und Personen der damaligen Terrorszene sammeln und bearbeiten bzw. notfalls Gegenma?nahmen der Sicherheitskr?fte koordinieren sollte.

Unter ?Terrorabwehr? verstand das MfS ein ?System von politisch-operativen Zielen, Aufgaben und Ma?nahmen, das der Aufdeckung, Verhinderung, Bearbeitung und Bek?mpfung von Terror und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten dient?. Das Ziel war die rechtzeitige Aufdeckung der gegen die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und anderen sozialistischen L?nder gerichteten Pl?ne, Absichten und Ma?nahmen zur Durchf?hrung von Terror und Gewalttaten. Dabei spielten die Erkenntnisse ?ber die jeweiligen Mittel und Methoden sowie ?ber die geheimdienstliche Unterwanderung, Steuerung und Verbindung der terroristischen und extremistischen Organisationen eine besondere Rolle. Vor diesem Hintergrund war die Arbeit der Abteilung XXII klar umrissen. Sie war also verantwortlich f?r die vorbeugende Verhinderung, Aufkl?rung und Bek?mpfung von terroristischen Gewaltverbrechen. Sie befasste sich dabei konkret mit dem internationalen Linksterrorismus, DDR-kritischen linksextremen und rechtsextremen Gruppierungen bzw. anderen militanten Gegnern des SED-Regimes in der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Ein weiterer Einsatzbereich war die Realisierung operativer und milit?risch-operativer Aufgaben bez?glich Terror- oder anderer ?operativ bedeutsamer? Gewaltakte, einschlie?lich der Verhandlungsf?hrung bei Gei?elnahmen und Entf?hrungen. Ferner umfassten weitere Aufgabengebiete die Ausbildung und der Einsatz von spezifischen Kr?ften zur Terrorbek?mpfung, die Verhinderung und Bek?mpfung von Angriffen gegen Luftfahrzeuge und zivile Flugh?fen der DDR. Zudem war die Bearbeitung von anonymen und pseudonymen Androhungen von Terror- und Gewaltakten und die Feststellung, Sicherung und der Transport von sprengk?rperverd?chtigen Gegenst?nden ein zus?tzliches Gebiet, das in die Arbeit der Abteilung XXII fiel.

Letztendlich unterlag in den Jahren 1988/89 die ?Terrorabwehr? einer tief greifenden Umstrukturierung, die bis zum Zeitpunkt der ?Wende? noch nicht abgeschlossen war. Am 1. April 1988 wurde die Arbeitsgruppe des Ministers/Sicherheit (AGM/S), deren Kampfeinheiten, die Zentralen Spezifischen Kr?fte (ZSK), die f?r die praktische Bek?mpfung von Gewaltt?tern zust?ndig waren, in die Abteilung XXIII umbenannt. Am 1. M?rz 1989 wurden diese Kr?fte mit ihren Aufgaben der Abteilung XXII unterstellt und die so entstandene Diensteinheit zur Hauptabteilung XXII aufgewertet, die dann die Linie XXII darstellte.

Die Hauptabteilung XXII in Berlin hatte 878 Mitarbeiter, die Abteilung XXII im Bezirk Leipzig z?hlte 6 Mitarbeiter (Stand: 1989).


Glossar
Literatur