Die Linie VI
(Passkontrolle, Tourismus, Interhotel)

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Das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) war nach dem sog. Linienprinzip organisiert: Die meisten Hauptabteilungen (HA) im Ministerium setzten sich als Abteilungen in den einzelnen Bezirksverwaltungen (BVfS) fort. Gemeinsam bildeten sie eine ?Linie?.

Die Linie VI zeichnete verantwortlich f?r die Passkontrolle an den Grenz?bergangsstellen (G?ST) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) sowie f?r alle Sicherungs-, Kontroll- und ?berwachungsaufgaben im Zusammenhang mit dem Reise-, Touristen- und Transitverkehr in die und aus der DDR. Der westdeutschen Entspannungspolitik der 1970er Jahre, die mit einer leichten Ann?herung der beiden deutschen Staaten verbunden war, begegnete die DDR-F?hrung mit Mi?trauen. Dementsprechend wuchsen die Aufgaben der Linie VI st?ndig, so dass sie sich in dieser Dekade zum gr??ten operativen Bereich des MfS entwickelte. An den G?ST waren die zur Linie VI geh?renden Passkontrolleinheiten (PKE) gemeinsam mit dem Grenzzollamt f?r die Kontrolle und Abfertigung des grenz?berschreitenden Verkehrs zust?ndig. Dabei ging es vor allem darum, so genannte ?Feindt?tigkeit? aufzudecken und zu bek?mpfen, Republikfluchten zu verhindern sowie Fahndungs- und ?berwachungsma?nahmen von ?operativ-bedeutsamen? Personen oder Gruppen (z. B. Journalisten oder Politiker) einzuleiten. Als ?Feindt?tigkeit? wurden unter anderem ungesetzliche Grenz?bertritte oder Personen- und Sachschleusungen (z.B. die Einfuhr verbotener Literatur) gewertet. Bei der ?berpr?fung von Kraftfahrzeugen auf der Suche nach Republikfl?chtlingen setzte das MfS ab den 1970er Jahren auch R?ntgenger?te und radioaktive Strahlen ein.

Auch die Angeh?rigen der Zollverwaltung selbst galten als potentielles Sicherheitsrisiko an den G?ST und wurden durch ein dichtes Netz von Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) der Linie VI ?berwacht und kontrolliert. Im Bereich Reise- und Touristenverkehr oblag es der Linie VI, alle touristischen Einrichtungen wie Interhotels, Hotels und Jugendherbergen sowie Reiseb?ros zu ?berwachen und ?abzusichern?. Auch DDR-B?rger, die ins sozialistische Ausland reisten, wurden von der Abteilung VI ins Visier genommen. Hier ging es vor allem darum, Kontakte von DDR-B?rgern zu B?rgern westlicher Staaten auszuspionieren und m?gliche Fluchtvorhaben ?ber die Ostblockstaaten zu verhindern.

Ein zentrales Aufgabengebiet der Abteilung VI der BVfS Leipzig war neben der Absicherung und dem Betrieb der G?ST Flughafen Leipzig/Schkeuditz die Leipziger Messe (?Aktion Treffpunkt?). So f?hrte die Abteilung VI den so genannten Messedatenspeicher, in dem alle Messebesucher aus dem westlichen Ausland auf der Grundlage der ?Messemeldescheine? in einer Datenbank erfasst wurden. Auch die Leipziger Quartiergeber waren mitsamt dazu geh?riger ?operativ-bedeutsamer? Informationen im Messedatenspeicher enthalten. Die Datenbank konnte von allen Diensteinheiten des MfS genutzt werden. Zur ?Absicherung? der Messe geh?rte selbstverst?ndlich auch die engmaschige ?berwachung der Leipziger Hotels, von denen ganze Etagen von der Abteilung 26 komplett verwanzt worden waren (vgl. auch die ?AG Aktionen und Eins?tze? des MfS).

Die Hauptabteilung VI in Berlin hatte 2.025 Mitarbeiter, die Abteilung VI im Bezirk Leipzig z?hlte 93 Mitarbeiter (Stand: 1989).


Glossar
Literatur