Das B?rgerkomitee Leipzig

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Das B?rgerkomitee Leipzig* ist ein Zusammenschluss von Leipziger B?rgern, der sich in der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember 1989 spontan konstituierte. In eben jener Nacht war es 30 B?rgervertretern gelungen, die Bezirksverwaltung des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS**) in der ?Runden Ecke? friedlich zu besetzen und somit das geordnete Ende des gef?rchteten Staatssicherheitsdienstes der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ? eine der tragenden Institutionen des SED-Staates ? einzuleiten. Die Besetzung hatten mehrere Vertreter des Neuen Forums erreicht, indem sie als Mittler auftraten zwischen den MfS-Mitarbeitern der Bezirksverwaltung und den abertausend Leipziger Montagsdemonstranten, die seit einigen Wochen immer nachdr?cklicher die Entmachtung des Stasi-Apparates forderten und auch an diesem Abend an der ?Runden Ecke? vorbei zogen. Die Situation hatte sich zus?tzlich aufgeheizt, weil das MfS seit Mitte November eine hektische Aktenvernichtung betrieb, was der ?ffentlichkeit nicht verborgen blieb. Nachdem am Vormittag des 4. Dezember bereits die Erfurter BVfS von B?rgern besetzt worden war, drohte diese Nachricht in Leipzig bei der abendlichen Montagsdemonstration zu einer Nachahmung zu f?hren, deren gewaltloser Ausgang keineswegs garantiert gewesen w?re. Mit dem Argument der 150.000 Demonstranten auf ihrer Seite gelang es den B?rgern in dieser Nacht, den Zutritt in die Stasi-Machtzentrale im Bezirk zu erzwingen und s?mtliche R?umlichkeiten staatsanwaltschaftlich versiegeln zu lassen, um so die weitere Aktenvernichtung und Verschleierung zu stoppen. Die Rechnung der Stasi, dass nur dieser Montag zu ?berstehen w?re, ging jedoch nicht auf. Denn das B?rgerkomitee blieb und schaffte schon zwei Tage nach der Besetzung mit der Vereinbarung eines umfassenden Ma?nahmeplanes Fakten, die die offizielle Aufl?sung der Staatssicherheit am 14. Dezember 1989 durch den Regierungschef Hans Modrow bereits vorweg nahmen. Der Plan, der mit den Vertretern der MfS-Bezirksverwaltung ausgehandelt worden war, sah die schrittweise Schlie?ung der Bezirks- und Kreis?mter des MfS auf Betreiben des B?rgerkomitees vor. In der Folge wurden die hauptamtlichen Mitarbeiter nach und nach entlassen und die ?konspirativen Wohnungen? (KW) und ?Objekte? (KO) aufgedeckt. Das B?rgerkomitee blieb jedoch auch nach der offiziellen Abschaffung des MfS aktiv und setzte sich im Wiedervereinigungsprozess f?r eine Bewahrung der Staatssicherheits-Akten ein, was durch die Einsetzung eines bzw. einer Sonderbeauftragten der Bundesregierung auch erreicht wurde (?Gauck- bzw. Birthler-Beh?rde?). Die Aufl?sungsaufgaben des B?rgerkomitees brachten jedoch mit sich, dass gleichzeitig das Bed?rfnis nach Aufarbeitung der Geschichte der Staatssicherheit und Erhaltung der ?Runden Ecke? als Gedenkst?tte wuchs. Nach einer ersten, eilig auf die Beine gestellten Ausstellung ?Stasi ? Macht und Banalit?t - Indizien des Verbrechens?, die im Sommer 1990 t?glich mehrere Tausend Besucher anzog, bekam das B?rgerkomitee Leipzig im August 1990 einen Teil der ?Runden Ecke? zur Verf?gung gestellt, um dort eine Gedenkst?tte mit Dauerausstellung einzurichten (Gedenkst?tte Museum in der ?Runden Ecke?). Auch heute sieht sich das B?rgerkomitee, das mittlerweile seit 16. April 1991 ein eingetragener Verein ist, noch ?in einer ideellen Verantwortung f?r die Auswirkung der damals getroffenen Entscheidungen? und setzt sich neben der Gedenkst?tten- und Aufkl?rungsarbeit f?r eine offene und ungesch?nte Aufarbeitung der Geschichte ein.

* Das hier beschriebene B?rgerkomitee Leipzig, das in der ?Runden Ecke? zur Stasi-Aufl?sung t?tig wurde, ist nicht zu verwechseln mit dem B?rgerkomitee der Stadt Leipzig, das zwar parallel existierte, jedoch mit allgemeinen kommunalpolitischen Aufgaben und der Bildung von Betriebsr?ten betraut war.

** Das MfS war am 18. November vom Ministerpr?sidenten der DDR, Hans Modrow, formal aufgel?st und durch ein ?Amt f?r Nationale Sicherheit (AfNS)? ersetzt worden. Tats?chlich handelte es sich dabei jedoch um kaum mehr als um eine blo?e Umbenennung.


Glossar
Literatur