Die Untersuchungshaftanstalten (UHA) des Ministeriums f?r Staatssicherheit

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Das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) betrieb in jedem einzelnen Bezirk der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) jeweils eine eigene Untersuchungshaftanstalt (UHA). Zwei weitere gab es auf Ministeriumsebene in Berlin-Lichtenberg und Berlin-Hohensch?nhausen (insgesamt also 17). Grunds?tzlich lag die Zust?ndigkeit in allen Fragen des Freiheitsentzugs zwar beim Ministerium des Innern (MdI); doch das MfS setzte sich nicht nur dar?ber hinweg, sondern umging durch untergesetzliche Regelungen auch das Prinzip des richterlichen Haftbefehls als Voraussetzung f?r Untersuchungshaft. In MfS-Untersuchungshaft konnten die verschiedensten ?feindlich-negativen? Personen kommen, in vielen F?llen reichte schon die vermutete Ausreiseabsicht aus. Die Verhaftungen wurden dabei in der Regel von Mitarbeitern der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung) durchgef?hrt, anschlie?end ?bernahm die Linie IX, das ?Untersuchungsorgan? des MfS, die Federf?hrung. In ?konspirativen Gefangenentransportwagen? (GTW), die von au?en nicht als solche zu erkennen waren, wurden die H?ftlinge in die UHA gebracht. Zust?ndig f?r den Haftvollzug in den MfS-Gef?ngnissen war die Linie XIV. F?r Verh?re, weitere Ermittlungen und den Einsatz so genannter ?Zelleninformatoren? blieb jedoch die Linie IX verantwortlich.

Viel st?rker als in ?normalen? Gef?ngnissen (im Bereich des MdI) wurde in den UHA des MfS strengstens auf die absolute Isolation der Insassen gesorgt ? auch bei den t?glichen 20-30-min?tigen Freig?ngen (in hoch ummauerten ?Freiboxen?) und den w?chentlichen Duschen. Ampeln auf den G?ngen sollten auch zuf?llige Begegnungen ausschlie?en. Die monatliche Besuchszeit von 30 Minuten galt nicht f?r Kinder unter 14 Jahren; K?rperkontakt, der ?ber einen H?ndedruck hinausging, war verboten. Die Isolation und die ?u?erst perfide Verh?rpraxis des MfS, die zu manch einem Gest?ndnis nicht begangener Verbrechen f?hrte, war psychische Folter, unter deren Folgen die Betroffenen zum Teil noch heute leiden. Um Suiziden w?hrend der Haft vorzubeugen, war das Wachpersonal der Linie XIV angehalten, alle f?nf Minuten durch den Spion in der Zellent?r zu schauen (nachts alle 20 Minuten, wobei jedes Mal das Licht eingeschaltet wurde) ? g?nzlich verhindert werden konnten sie jedoch nicht. Allein die Untersuchungshaft konnte mehrere Jahre dauern, sobald ein Gerichtsurteil vorlag, schloss sich der eigentliche Strafvollzug (im Bereich des MdI oder in Bautzen II) erst noch an.

Die UHA der Leipziger Bezirksverwaltung f?r Staatssicherheit (BVfS) befand sich in einem Geb?ude in der Beethovenstra?e, das wie die ?Runde Ecke? im 19. Jahrhundert nach Entw?rfen des Architekten Hugo Licht gebaut worden war. Sie war Teil eines ganzen Justiz- und Gef?ngniskomplexes gegen?ber dem ehemaligen Reichsgericht, die umliegenden Geb?ude geh?rten zur Bezirksstaatsanwaltschaft, der Volkspolizei, dem Bezirksgerichtshof sowie deren nachgeordneten Beh?rden. Auch die Strafvollzugseinrichtung des MdI war unmittelbar angrenzend gelegen. Vom Polizeirevier gab es einen direkten Zugang in die UHA, was dokumentiert, wie eng die Zusammenarbeit der verschiedenen ?Sicherheitsorgane? zum Teil war. ?Ahnungslose sp?tere H?ftlinge wurden ?zur Kl?rung eines Sachverhalts? mitunter zur VP, Zimmer 111 bestellt ? und kamen so direkt in die MfS-Haftanstalt? (BELEITES, 2004, S. 62). 1988 hatte die UHA Kapazit?ten f?r 98 Untersuchungsh?ftlinge, die Durchschnittsbelegung lag im selben Jahr bei 45. Geleitet wurde das Leipziger MfS-Gef?ngnis zuletzt von Oberstleutnant Horst N?ther.


Glossar
Literatur