Das Transitabkommen von 1971

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Nach der deutschen Teilung 1945 gab es zwischen den Alliierten keine ausdr?cklichen Regelungen ?ber den Zugang nach Westberlin. Der vertraglich nicht gesicherte ?Interzonenverkehr? war im Zeichen des Kalten Krieges immer wieder politischen Spannungen unterworfen, deren erster H?hepunkt die Berlin-Blockade von 1948/49 darstellte. Nach Gr?ndung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949 war der Zugang nach Westberlin zwar hinl?nglich gegeben, jedoch regelm??ig St?rungen und Schikanen durch das DDR-Grenzregime unterworfen. Dies verst?rkte sich insbesondere nach dem Mauerbau 1961 und der damit vollendeten physischen Abriegelung West-Berlins von der Bundesrepublik. Eine wesentliche ?nderung in dieser Frage brachte erst das Vier-M?chte-Abkommen von 1971 und das nachfolgende deutsch-deutsche Transitabkommen.

Mit dem im September 1971 unterzeichneten Vier-M?chte-Abkommen best?tigten die Regierungen Frankreichs, Gro?britanniens, der UdSSR und der USA u.a. die Eigenst?ndigkeit West-Berlins. Kurz darauf traten Bonn und Ost-Berlin in offizielle Verhandlungen ?ber ein Transitabkommen ein, das am 17. Dezember 1971 unterzeichnet wurde und im Juni des darauffolgenden Jahres in Kraft trat. Mit dieser ersten deutsch-deutschen Vereinbarung auf Regierungsebene wurde der Reise- und Warenverkehr zwischen der Bundesrepublik und West-Berlin geregelt. Das Abkommen sah vor, dass der Transitverkehr k?nftig ohne Behinderungen und in der ?einfachsten, schnellsten und g?nstigsten Weise? abgewickelt werden sollte. Die Visaerteilung hatte nun am bzw. (bei Bussen, Z?gen) im Fahrzeug zu erfolgen, die Transitreisenden und ihr pers?nliches Gep?ck unterlagen keiner Durchsuchung mehr. Die Visageb?hren mussten nicht mehr individuell von den Reisenden entrichtet werden, sondern wurden mit der vertraglich vereinbarten Transitpauschale von der Bundesregierung an die DDR gezahlt (diese steigerte sich von knapp 235 Mio. DM im Jahr 1972 auf 525 Mio. DM im Jahr 1989). Das Abkommen sah au?erdem vor, dass f?r Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten bei der Anwendung des Abkommens eine Art Schiedsstelle - die deutsch-deutsche Transitkommission - einberufen werden sollte.

All diese Regelungen galten jedoch nur f?r den sogenannten ?spezifischen? oder ?vertragsgebundenen Transitverkehr? von und nach Westberlin; im Ein- und Ausreiseverkehr sowie im ?allgemeinen Transitverkehr? von und nach Drittl?ndern wurde nach wie vor intensiv kontrolliert. Und auch im Transitabkommen gab es mit der sogenannten ?Missbrauchsklausel? des Artikel 16 die M?glichkeit, dass in ?begr?ndeten Verdachtsf?llen? intensive Gep?ck- und Fahrzeugkontrollen durchgef?hrt und Reisende verh?rt, festgehalten oder festgenommen werden konnten. Anlass f?r derartige Verdachtskontrollen konnten Ver?nderungen am Fahrzeug, verd?chtiges Verhalten der Reisenden oder auch Fahndungsmeldungen anderer Diensteinheiten des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS) sein. Generell wurden die Dokumente der Reisenden sehr genau durch die dem MfS unterstehenden Passkontrolleinheiten (PKE) kontrolliert und die Daten mit den diversen Informationsspeichern des MfS abgeglichen bzw. Daten von Verd?chtigen oder ?operativ interessanten? Personen erfasst. Dennoch bedeutete das Transitabkommen eine grundlegende Verbesserung f?r Transitreisende durch die DDR: Nach seinem Inkrafttreten 1972 verdoppelte sich der Transitverkehr bis in die 1980er Jahre (1972 bis 1979 j?hrlich allein 11 bis 18 Mio. zivile Transitreisende).


Glossar
Literatur