Die Ausweichf?hrungsstelle (AF?St) des Leiters der Bezirksverwaltung f?r Staatssicherheit Leipzig

[schließen]

Auf Anweisung des Nationalen Verteidigungsrates (NVR) erlie? der Minister f?r Staatssicherheit Erich Mielke 1967 die Direktive 1/67. Die ?geheime Kommandosache? umriss alle zentralen Aufgaben und T?tigkeiten, die das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) im Mobilmachungs- und Ernstfall ?bernehmen sollte und wies die daf?r notwendigen Vorbereitungen an. Ein wesentlicher Auftrag der Direktive war, die T?tigkeit der Staatssicherheit auch nach Ausbruch eines Krieges abzusichern. Um eine umfassende Zerst?rung oder Behinderung der Staatssicherheit zu vermeiden, sollten zur ?dezentralen Entfaltung? Ausweichobjekte errichtet werden. Im Zuge dieser Ausweichplanungen entstanden in allen 15 Bezirken der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Ausweichf?hrungsstellen (AF?St) f?r die jeweiligen Bezirksverwaltungen der Staatssicherheit. Lage, Art und Interieur dieser AF?St sind durch die Direktive kongruent geregelt worden. Die Bunker sollten dem jeweiligen Leiter der Bezirksverwaltung und einem etwa 100 Personen starken Mitarbeiterstab als gesch?tztes Dienstobjekt dienen, von welchem vernetzt agiert werden konnte. Zus?tzlich sollten Geb?ude in der n?heren Umgebung der Stasi-Bunker belegt und von einem Gro?teil der hauptamtlichen Mitarbeiter als Ausweichobjekt genutzt werden. Au?erdem waren Schutzr?ume im regul?ren Dienstobjekt vorgesehen. In Leipzig sollten etwa Zweidrittel der hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter in Ausweichobjekten untergebracht werden, die restlichen Mitarbeiter w?ren in der Bezirksverwaltung f?r Staatssicherheit Leipzig (BVfS Leipzig) verblieben.

Kurz nach Erlass der Direktive 1/67 wurde heimlich in einem Waldst?ck am Rand des Naherholungsgebietes L?bsch?tzer Teiche bei Machern die Ausweichf?hrungsstelle der BVfS Leipzig gebaut (Deckname ?Ufer?). Getarnt war das Objekt als Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig. Das insgesamt 5,2 Hektar umfassende Areal, das am 7. Dezember 1974 einsatzbereit an den Leiter der Leipziger Bezirksverwaltung Generalmajor Manfred Hummitzsch ?bergeben wurde, gliederte sich in zwei Zonen. In der ?u?eren Zone befanden sich drei komplett eingerichtete Bungalows und das Einfamilienhaus des Bunkerkommandanten, der auf dem Gel?nde wohnte. In der durch Z?une, mehrere Wachhunde, eine Alarmanlage und Sichtschutzblenden gesicherten inneren Zone befand sich neben den Versorgungsbauten (Werkstatt, Tischlerei, Sozial- und Unterkunftsgeb?ude f?r den Wach- und Instandsetzungsdienst) das Kernst?ck des Areals ? der von 1968 bis 1971 gebaute Bunker.

F?nf Meter tief unter der Erde stand in dem etwa 1.500 m? gro?en ABC-Schutzbunker alles bereit, was der F?hrungsstab der Leipziger Staatssicherheit f?r eine Fortsetzung der geheimdienstlichen T?tigkeit ben?tigte. Die Versorgungssysteme f?r Strom, Wasser und Luft waren f?r verschiedene Betriebsweisen ausgelegt und sollten einen autarken Betrieb von sechs Tagen gew?hrleisten. Eine der zentralen Aufgaben war die Aufrechterhaltung der Kommunikation und somit der operativen Handlungsf?higkeit im Kriegsfall, deshalb kam der Nachrichtentechnik eine besondere Stellung zu. Die Nachrichtenzentrale des Bunkers sollte s?mtliche Kontakte zur Staatssicherheit in den anderen Bezirken, zu den Kreisdienststellen, zu den einzelnen Abteilungen der Bezirksverwaltung Leipzig, zum Leiter der Bezirkseinsatzleitung (BEL), aber auch zu den bewaffneten Organen, der Volkspolizei und der Armee bis hin zu den Ministerien der Staatssicherheit und des NVR erm?glichen. In vier, teilweise durch Gittert?ren abgesicherten R?umen befanden sich ?bertragungstechnik, Fernsprech- und Fernschreibger?te sowie Chiffriertechnik. Um einer Enttarnung durch den Funkverkehr zu entgehen, wurde etwa 3 Kilometer entfernt eine abgesetzte Sendestelle in einem Kleinbunker (Typ FB-3) errichtet. Die dort installierte Funktechnik konnte von der AF?St indirekt fernbedient werden, so dass die Funkspr?che in einer sichern Entfernung abgesendet werden konnten.

Dass das MfS diese unterirdische Ausweichf?hrungsstelle f?r den Ernstfall stets funktionsbereit hielt, hatte bis Dezember 1989 keiner geahnt. Im Zuge der ?Wende? und dem neuen Wissen um s?mtliche Dienstobjekte der Staatssicherheit sowie durch das Engagement des Pfarrers der Gemeinde Machern, Gottfried S??, wurde auch die Existenz des Bunkers bekannt. Das gerade erst gebildete B?rgerkomitee Leipzig und das B?rgerkomitee Wurzen setzten sich fr?hzeitig f?r den Erhalt der Anlage als Gedenkst?tte ein, die zun?chst jedoch unter der Kontrolle des Amtes f?r Nationale Sicherheit (AfNS) verblieb. Am 20. September 1990 beschloss der Kreistag Wurzen, den Bunker zu ?bernehmen und schrieb im Folgejahr die Nutzung des Bunkers und des Gel?ndes als Gedenkst?tte fest. 1993 gelang es dem B?rgerkomitee Leipzig das Gel?nde samt Bunker zu pachten. In der Folgezeit wurde durch Wiederbeschaffung von Einrichtungsgegenst?nden und Beseitigung von Zerst?rungen weitestgehend der originale Zustand wiederhergestellt. Zum Tag des offenen Denkmals im September 1996 war der Bunker erstmals wieder ge?ffnet. Seitdem k?nnen Besucher jederzeit Besichtigungstermine vereinbaren und jedes letzte Wochenende im Monat von 13.00 bis 16.00 Uhr werden ?ffentliche F?hrungen angeboten.


Glossar
Literatur