Die ?Rote Kapelle?

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?Rote Kapelle? nannte die deutsche milit?rische Abwehr und sp?ter auch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) einen angeblich sowjetischen Spionagering in Europa. Der Name bezeichnete Personen, die zum einen mit dem sowjetischen Geheimdienst NKWD zusammen arbeiteten (?rot?) und zum anderen ein Funknetz benutzten (Musik-?Kapelle?). Au?erdem unterstellte die Bezeichnung Kapelle, dass jene Personen ausschlie?lich nach dem Taktstock eines Moskauer Dirigenten arbeiteten. Bei der ?Roten Kapelle? handelte es sich indes um keine zentral geleitete homogene Organisation, sondern um mehrere Gruppen und auch Einzelpersonen die gr??tenteils voneinander unabh?ngig agierten und nur lose miteinander verbunden waren. Sowohl Widerstandsk?mpfer gegen das NS-Regime als auch sowjetische Agenten geh?rten diesem Verbund an.

Heute wird der Name ?Rote Kapelle? vor allem f?r eine Widerstandsgruppe um den Luftwaffenoffizier Harro Schulze-Boysen und den ?konomen Arvid Harnack verwendet. Diese Gruppe betrieb Spionage zwar nur am Rande, wurde allerdings im Rahmen einer Geheimdienstaktion entdeckt, verhaftet und schlie?lich hingerichtet. Die Urspr?nge der Kreise um Harnack und Schulze-Boysen gehen bereits auf die Endphase der Weimarer Republik zur?ck. In Auseinandersetzung mit den herrschenden gesellschaftlichen und politischen Problemen, der drohenden nationalsozialistischen Bewegung und dem sowjetischen Experiment bildete sich die Oppositionsbewegung heraus, die sich zum Ende der 1930er Jahre zu einer Widerstandsgruppe entwickelte. Hierbei gelang es im Besonderen Harro Schulze-Boysen, Freundschaften auch in anderen Gesellschaftsgruppen zu schlie?en. Dazu geh?rten z.B. ehemalige Sch?ler der Schule Insel-Scharfenberg in Berlin-Tegel, von denen viele vom Elternhaus her sozialdemokratisch oder kommunistisch gepr?gt waren. Einer dieser ehemaligen Sch?ler war der Kommunist Hans Coppi. Weitere Mitglieder waren etwa der Schriftsteller Adam Kuckhoff, seine Frau Greta, Oberstingenieur Becker, Personen des Luftwaffengeneralstabs und Mitarbeiter in fast allen Ministerien. Auff?llig ist die starke Beteiligung von Frauen (Mildred Harnack-Fish, Libertas Schulze-Boysen, Hilde Coppi), meist Ehefrauen der ebenfalls aktiven M?nner. Die so entstandene Organisation wurde zu einer der gr??ten Widerstandsgruppen der fr?hen 1940er Jahre. Ihre Widerstandst?tigkeiten waren dabei in der Zeit vor 1939 stark von der Erwartung eines Massenwiderstandes gepr?gt, auf den man sich vorbereiten und in den man dann politisch gestaltend eingreifen wollte. Sein Ausbleiben, der Kriegsbeginn und die Absichten Hitlers, von der taktischen Verst?ndigung mit der Sowjetunion zur milit?rischen Konfrontation zu wechseln, veranlasste die Gruppe zu neuen Priorit?ten ihres Widerstandes, um weitere Verbrechen zu vereiteln. Dazu wurden Flugschriften bzw. Klebezettel entworfen und verteilt, die ?ber die Gr?uel der Nationalsozialisten berichteten. In diesem Zusammenhang wurde Schulze-Boysen zum Hauptautor zweier bekannter Flugschriften. In der so genannten ?Napoleondenkschrift? wurde scheinbar nur eine Abhandlung ?ber den franz?sischen Kaiser dargestellt, letztlich zeigte sie aber die Parallelen zum Diktator Hitler auf. In der anderen Flugschrift, der so genannten ?Agisflugschrift?, die mit den Worten ?Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk?? begann, wurde die momentane Lage analysiert und politische Alternativen aufgezeigt. Nach dem deutschen ?berfall auf die Sowjetunion wurden nicht nur diese Aktivit?ten verst?rkt. Die Gruppe begann auch mit der systematischen Sammlung und Beschaffung von milit?risch wichtigen Nachrichten f?r die Sowjetunion, um auf diese Weise aktiv am Sturz des NS-Regimes mitzuwirken. In Form von Funkverbindungen versuchten sie mit dem sowjetischen Geheimdienst in Kontakt zu bleiben. Ungl?cklicherweise funktionierte der ihnen vorher zur Verf?gung gestellte Sender nicht. Nur am 26. Juni 1941 gelang es Hans Coppi die Absetzung eines Probefunkspruches mit nichts sagendem Inhalt (?tausend Gr??e allen Freunden?). Nach diesem Scheitern der Funkversuche beschr?nkten sich die Kontakte zur Sowjetunion zun?chst nur auf Gespr?che mit dem nach Berlin gereisten sowjetischen Agenten Anatoli Gurewitsch (?Kent?). Erst im Sommer 1942 versuchte ein deutscher Emigrant, der mit einem Fallschirm hinter den deutschen Linien absprang, mit neuen Ger?ten eine Funkverbindung in die Sowjetunion aufzubauen. Doch bevor eine stabile Funkverbindung zustande kam, setzte die Gestapo zu einer umfassenden Festnahmeaktion an. Diese hatte zuvor einen Funkspruch der Moskauer Zentrale vom August 1941 an den Br?sseler Agenten des milit?rischen Nachrichtendienstes GRU ?Kent? entschl?sselt. Er enthielt Adressen von Kuckhoff und Schulze-Boysen. ?Kent? hatte Schulze-Boysen Ende Oktober 1941 besucht und Informationen ?ber Br?ssel nach Moskau weitergegeben. Gurewitsch arbeitete hierzu eng mit dem polnischen Kommunisten Leopold Trepper zusammen, der im Auftrag des sowjetischen milit?rischen Nachrichtendienstes in Frankreich und Belgien Verbindungs- und Agentennetze aufgebaut hatte. Mitte Dezember 1941 ortete die deutsche Funkabwehr einen Sender der Gruppe ?Kent? in Br?ssel und nahm den Funker fest. Innerhalb k?rzester Zeit wurden in der Folge weit ?ber 120 Angeh?rige der Roten Kapelle verhaftet, von denen dann mehr als 50 Menschen von der NS-Strafjustiz zum Tode verurteilt wurden. Viele von ihnen wurden im Strafgef?ngnis Berlin-Pl?tzensee durch Strang oder Fallbeil hingerichtet.

Nach 1945 waren die Wirkung und die Existenz der ?Roten Kapelle? und deren T?tigkeit im Widerstand gegen die NS-Diktatur umstritten. W?hrend in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) die Vorstellung vorherrschte, dass der ?Roten Kapelle? vor allem Kommunisten angeh?rten die als Spione Landesverrat im Dienste des feindlichen/kommunistischen Auslandes begangen und zum Verderben der deutschen Truppen beigetragen h?tten, wurde die ?Rote Kapelle? in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zu einer m?chtigen Widerstandsorganisation stilisiert, deren Mitglieder als antifaschistische Helden geehrt wurden. Vor allem im Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) ehrte man sie aufgrund ihrer T?tigkeit als ?Kundschafter? f?r die Sowjetunion.


Glossar
Literatur