Christoph Wonneberger (geb. 1944)
Pfarrer

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Geboren am 5. M?rz 1944 in Wiesa/Erzgebirge machte Christoph Wonneberger eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, bevor er an der kirchlichen Hochschule und an der Universit?t in Rostock Theologie studieren konnte. In den 1970er Jahren betrieb er als Pfarrer der Dresdner Weinbergsgemeinde ein offenes Jugendzentrum. Hier engagierte er sich auch f?r die Beratung von Wehrdienstverweigerern und begr?ndete unter Beteiligung von Mitgliedern der Offenen Arbeit und des Friedenskreises 1979 die DDR-weite Initiative ?Sozialer Friedensdienst? (SoFD), die er ?ber Friedensgebete verbreitete. Eine gleichberechtigte nichtmilit?rische Alternative zu Wehrdienst und Wehrersatzdienst (als Bausoldat) existierte bis dahin n?mlich nicht. Trotz zahlreicher Disziplinierungsversuche des Staates ?ber die Kirchenleitung blieb sein Engagement ungebrochen.

1985 versetzte man Wonneberger nach Leipzig, hier wurde er zum wichtigsten Mentor der Leipziger Opposition. Sein Anliegen war es ?immer alles ?ffentlich zu machen?. 1987 gr?ndete er als Pfarrer der Lukas-Gemeinde in Leipzig die Arbeitsgruppe Menschenrechte (AGM), was zu schweren Konflikten mit der Kirchenleitung und einer verst?rkten ?berwachung durch das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) f?hrte. Er koordinierte die immer wichtiger werdenden Friedensgebete und trug ma?geblich zu deren Politisierung bei. Gegen den linientreuen Kurs der Kirchenleitung organisierte er im Juli 1989 einen Statt-Kirchentag in der Lukaskirche Leipzig-Volkmarsdorf. In der Lukas-Gemeinde wurden auch zahlreiche Samisdat und Flugbl?tter geschrieben und vervielf?ltigt. Dazu z?hlt auch das bekannte Flugblatt dem Slogan ?Wir sind ein Volk?, mit dem Mitglieder Leipziger Basisgruppen am 9. Oktober 1989 sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskr?fte zur strikten Gewaltlosigkeit aufriefen. Die in den vorherigen Wochen zunehmenden staatlichen ?bergriffe auf die Protestbewegung nahm Wonneberger w?hrend des Friedensgebetes am 25. September 1989 zum Anlass, um die Anwesenden auf einen gewaltlosen Widerstand einzuschw?ren. Diesen Aufruf erneuerte er am 9. Oktober, als der Einruck vorherrschte, dass die Staatsmacht die Montagsdemonstration mit allen Mitteln unterbinden w?rde. Die angez?ndeten Kerzen und der Ruf der Demonstranten ?Keine Gewalt? waren die sicht- und h?rbaren Zeichen seines Wirkens. Ende 1989 konnte er sich gesundheitsbedingt nicht weiter an der demokratischen Gestaltung beteiligen. Die Kirche versetzte ihn 1991 in den Ruhestand. Ohne das Engagement von Christoph Wonneberger h?tte es wohl weder die Friedensgebete, noch die Montagsdemonstrationen in dieser Form gegeben. F?r seinen gesellschaftlichen Einsatz erhielt Christoph Wonneberger 1995 das Bundesverdienstkreuz.

Aufgrund seines oppositionellen Verhaltens wurde Christoph Wonneberger von der Staatssicherheit in mehreren operativen Vorg?ngen (u.a. ?Provokateur? und ?Lukas?) ?berwacht. Ziel dieser Ma?nahmen war die private und gesellschaftliche Diskreditierung des B?rgerrechtlers. Er stand auch an der zweiten Stelle auf der am 9. Oktober 1989 von der Kreisdienststelle f?r Staatssicherheit (KDfS) Leipzig-Stadt aktualisierten Liste der im Rahmen des Vorbeugekomplexes zu isolierenden Personen (vgl. dazu die Direktive zur Mobilmachungsarbeit des MfS von 1967, die den ?politisch-operativen Vorbeugekomplex? regelte).

Anl?sslich des 25. Jahrestages der Friedlichen Revolution in der DDR und des Mauerfalls erhielt Christoph Wonneberger als Repr?sentant der Leipziger Montagsdemonstrationen gemeinsam mit Christian F?hrer und Uwe Schwabe sowie dem Archiv B?rgerbewegung Leipzig e.V. im Jahr 2014 den Deutschen Nationalpreis.


Glossar
Literatur