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Mittwoch, den 30. August 2000

10 Jahre Museum in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung
Von: Bürgerkomitee

Zehn Jahre Einblick in die Strukturen eines Geheimdienstes

Am 31. August 2000 wir das Museum in der "Runden Ecke" zehn Jahre alt. Die besondere Bedeutung des Museums liegt in der Authentizität des historischen Ortes: In der "Runden Ecke" arbeitete von 1950 bis 1989 die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Heute gewährt in den einstigen Amtsstuben des MfS die ständige zeitgeschichtliche Ausstellung "STASI – Macht und Banalität" Einblick in Geschichte, Strukturen und Arbeitsweise des Geheimdienstes.

Gedenken an authentischen Orten

Gedenkstätten an authentischen Orten erinnern an die Opfer politischer Verfolgung und benennen die Täter. Sie machen abstrakte historische Fakten für spätere Generationen begreifbar und fördern das demokratische Bewusstsein eines jeden.

Der leise Terror des späten Staatssozialismus in der DDR ist schwer fassbar: Er wirkte diffus in die unterworfene Gesellschaft hinein und ist deshalb nur im Kontext des Regimes selbst darstellbar. In der "Runden Ecke", wo alltägliche Unterdrückung und Verbrechen geplant, vorbereitet und regelrecht verwaltet wurden, findet die Auseinandersetzung mit den Tätern und ihren Verbrechen statt.

Von der Machtzentrale zum Ort des Gedenkens

Die "Runde Ecke" war in Leipzig lange Zeit Symbol für die Durchdringung der Gesellschaft mit Misstrauen, psychischer und physischer Gewalt – bis am Abend des 4. Dezember ein in der Welt einmaliger Akt von Demokratie gelang: Leipziger Bürger besetzten im Anschluss an die Montagsdemonstration gewaltlos die Zentrale der Staatssicherheit und stoppten die seit Tagen laufende Aktenvernichtung. Sie lähmten und entmachteten ein wesentliches Element des SED-Unterdrückungsapparates. Erstmals konnte die Zerstörungsarbeit eines Geheimdienstes beendet und in der Folgezeit offen gelegt werden.

Anlässlich der ersten Kontrollen in den Dienstgebäuden des MfS bildete sich in der Nacht nach der Besetzung der Stasi-Zentrale das Bürgerkomitee Leipzig für die Auflösung der Staatssicherheit. Es entstand aus dem losen Verbund engagierter Bürger, die Tag und Nacht in der "Runden Ecke" über Tausende Akten wachten. Später sicherte das Bürgerkomitee auch die Arbeitsgeräte der Stasi-Offiziere, unter anderem Abhörgeräte, Ausrüstungen für das Öffnen und Kopieren von Briefen, Geruchskonserven und eine komplette Maskierungswerkstatt.

Im Laufe des Monates Mai erarbeitete das Bürgerkomitee mit diesen Objekten und Dokumenten die weltweit erste Ausstellung über die Staatssicherheit, die in ihrer Geschlossenheit noch heute einmalig ist. Am 10. Juni 1990 auf dem Sachsenplatz eröffnet, wurde die Exposition von so vielen Menschen besucht, dass eine ständige Präsentation nahe lag. Die geeigneten Räume fanden sich am authentischen Ort in der "Runden Ecke", wo die Ausstellung "STASI - Macht und Banalität" am 31.August 1990 wiedereröffnet wurde. Heute ist das Museum in der "Runden Ecke" unter anderem ein Ort des Gedenkens an die Opfer - an jene Menschen, die ihre Wunden nicht auf dem Körper, sondern in Ihrer Seele haben.

Podiumsdiskussion und Empfang zum Jubiläum

Zum Jubiläum möchte das Bürgerkomitee als Träger des Museums in der "Runden Ecke" den Blick auch auf die Erfahrungen anderer Gedenkstätten an authentischen Orten richten. In einer Podiumsdiskussion debattieren am 31. August, 18 Uhr, Vertreter der Gedenkstätte Buchenwald, der Stiftung Topographie des Terrors Berlin des Memorial Sighet in Bukarest, des Museum of Genocid Victims in Vilnius sowie des Museums in der "Runden Ecke" über die "Bedeutung von Gedenkstätten an authentischen Orten".

An die Diskussion schließt sich 21 Uhr ein Empfang in den Räumen des Museums an. Eingeladen sind dazu alle Leipziger und deren Gäste, die das Jubiläum gemeinsam mit dem Bürgerkomitee feiern möchten. Dem ungebrochenen Interesse von Einheimischen und Angereisten ist es schließlich zu verdanken, dass die Einrichtung sich in den vergangenen Jahren zu einer festen Größe in der Leipziger Museumslandschaft entwickelt hat: 1999 schauten sich 31.638 Menschen die Ausstellung "STASI – Macht und Banalität" an, im ersten Halbjahr 2000 waren es bereits 20.029.

Museum im Internet

Unter der Adresse www.runde-ecke-leipzig.de ist das Museum in der "Runden Ecke" im Internet präsent. Auf der Homepage ist unter anderem ein virtueller Rundgang durch die ständige zeitgeschichtliche Ausstellung "STASI – Macht und Banalität" möglich. Außerdem können aktuelle Termine abgerufen und Führungen gebucht werden.