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Freitag, den 20. Mai 2022

Präsentation des Filmes "Der Nahschuss" im Rahmen der bundesweiten SchulKinoWochen in Kooperation mit der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung

Im Rahmen der SchulKinoWochen anlässlich des Wissenschaftsjahres 2022 wurde am 19. Mai 2022 der Film „Der Nahschuss“ in den Passage Kinos Leipzig gezeigt. Im Anschluss diskutierten Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 9 über das Thema „Todesstrafe in der DDR“ mit Tobias Hollitzer, dem Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, zu dem auch die ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte in Leipzig gehört. Dort wurde 1981 das letzte Todesurteil der DDR-Geschichte vollstreckt.

Am Donnerstag, den 19. Mai 2022, wurde der Film „Der Nahschuss“ im Rahmen der jährlichen SchulKinoWochen Schülerinnen und Schülern in den Passage Kinos Leipzig vorgeführt. Angelehnt an das Leben des Dr. Werner Teske, der 1981 als letzter Mensch in der DDR zum Tode verurteilt und durch einen „unverhofften Nahschuss“ hingerichtet wurde, erzählt der Spielfilm von Franziska Stünkel aus dem Jahr 2021 die bestürzende Geschichte eines Stasi-Offiziers, der am Ende selbst in die Mühlen des Unrechtssystems gerät und daran zerbricht. Die Filmemacher haben sich vor und während der Dreharbeiten von Mitarbeitern der Gedenkstätte insbesondere zu Fragen um den Themenkomplex Todesstrafe beraten lassen.

Die SchulKinoWochen sind ein Projekt von VISION KINO, das in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern einmal im Jahr in allen 16 Bundesländern stattfindet. Ziel ist die Förderung der Filmkompetenz der Schülerinnen und Schüler, der Filmbildung im Unterricht und das Kino als Ort der kulturellen Bildung zu etablieren. Seit 2010 sind Filmveranstaltungen zum Wissenschaftsjahr und der anschließende Dialog mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fester Bestandteil der SchulKinoWochen.

Gespräch nach der Filmvorführung

Im unmittelbaren Anschluss folgte ein Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern über das Gesehene. Tobias Hollitzer, Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, stand für die Fragen zur Verfügung, beschäftigt sich die Gedenkstätte doch seit mehreren Jahrzehnten mit der Geschichte und den Hintergründen der Todesstrafe sowie deren Vollstreckung in Leipzig.

Die Schüler wollten u.a. wissen, ob und wie realistisch die DDR-Verhältnisse im Film dargestellt sind. Besonders interessierte sie die Einflussnahme durch die alles beherrschende Partei SED auf die politischen Strafverfahren. Für die jungen Leute – in einem Rechtsstaat geboren und aufgewachsen – war vieles von dem Gesehenen schwer vorstellbar.

Im Gespräch wurde deutlich, wie wenig fundiertes Wissen die Schüler in der Regel über das Leben in der DDR und das Funktionieren der SED-Diktatur haben, wie groß das Interesse für Zeitgeschichte nach 1945 dann aber doch ist, wenn es konkrete Anlässe, wie den gezeigten Spielfilm gibt. Dieser Eindruck wird durch die vielen Schulklassen bestätigt, die derzeit nach der zweijährigen „Corona-Abstinenz“ die historische Ausstellung „STASI – Macht und Banalität“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ besuchen.

Man kann die Bedeutung solcher außerschulischen Lernorte nicht hochgenug schätzen. Im nächsten Jahr wird die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ die Zusammenarbeit mit den SchulKinoWochen bewusst ausbauen.

Ehemalige Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig

In der ehemaligen Hausmeisterwohnung der damaligen Strafvollzugseinrichtung Alfred-Kästner-Straße in der Leipziger Südvorstadt befand sich von 1960 bis 1981 die zentrale Hinrichtungsstätte der DDR. Nach aktuellem Forschungsstand wurden hier insgesamt 64 von DDR-Gerichten zum Tode verurteilte Menschen unter strengster Geheimhaltung hingerichtet; bis 1967 mit dem Fallbeil, danach durch „unerwarteten Nahschuss in das Hinterhaupt“.

Die Toten wurden anschließend zum Leipziger Südfriedhof gebracht; dort wurden sie als namenlose „Anatomieleichen“ verbrannt und anonym verscharrt. Auf den amtlichen Dokumenten wurden Todesursache und Sterbeort gefälscht, um sämtliche Hinweise auf die wahren Todesumstände zu verschleiern. Unabhängig vom eigentlichen Tatvorwurf wurden alle in Leipzig hingerichteten Opfer einer nicht rechtsstaatlichen Justiz, die unter direkter Anleitung der SED bzw. des MfS stand. Oft standen die Urteile schon vor der Gerichtsverhandlung fest. Erst Ende 1987 wurde die Todesstrafe in der DDR abgeschafft.

Das Bürgerkomitee Leipzig e. V. setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt dieses justizgeschichtlich bedeutsamen Ortes ein, an dem die letzten Hinrichtungen auf deutschem Boden stattfanden. Leider werden die bereitstehenden Haushaltsmittel seitens des Freistaates Sachsen bisher nicht freigegeben so dass die denkmalgeschützte Stätte nach wie vor nur zur Museumsnacht und am Tag des offenen Denkmals besichtigt werden kann.

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