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Aktenschließung ist Verrat an der Friedlichen Revolution
Kategorie: PressemitteilungVon: Bürgerkomitee Leipzig e.V.
Mit dieser Losung protestiert das Bürgerkomitee Leipzig gegen Versuche, die Aufarbeitung der DDR-Diktatur zu stoppen. Ein entsprechendes Transparent haben wir heute am Museum in der "Runden Ecke" angebracht. In einer ähnlichen Aktion hat das Bürgerkomitee "15. Januar" Berlin bereits am Freitag das Gebäude der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Normannenstraße gekennzeichnet.
Wir fordern, dass die Stasi-Akten zu Personen der Zeitgeschichte sowie zu Funktions- und Amtsträgern weiterhin für Forscher und Journalisten zugänglich bleiben. Offene Akten und rigorose Aufarbeitung waren zentrale Forderungen der Friedlichen Revolution und ein Preis für Gewaltlosigkeit gegenüber den Trägern eines verbrecherischen Systems.
Aufarbeitung in der Form, in der sie die Gauck-Behörde seit zehn Jahren auf der Basis des Stasi-Unterlagengesetzes (StUG) betreibt, war von den Akteuren der Friedlichen Revoltuion und auch vom Gesetzgeber bei der Verabschiedung des StUG ausdrücklich gewollt. Denn die Akten des MfS sind für Wissenschaftler und Journalisten ein Quellenmaterial von unschätzbarem Wert. Nur auf dessen Grundlage kann das Funktionieren der SED-Diktatur aufgeklärt werden. Wir fordern deshalb Forscher, Journalisten, Archivare und alle Bürger auf, sich persönlich für den Erhalt des einmaligen Aufarbeitungsgesetzes zu engagieren.
Aufarbeitung ist gesamtdeutsche Angelegenheit
Nun, da die Aufarbeitung zunehmend auch die alte Bundesrepublik erreicht, mehrt sich jedoch der Widerstand gegen ein Gesetz, das sich mehr als zehn Jahre lang bewährt hat. Übereifrige Kritiker werfen der Bundesbeauftragten vor, private Informationen über Bespitzelte preiszugeben und damit deren Grundrechte zu verletzen. Doch die Behörde hat Persönliches oder gar Intimes stets sorgfältig geschwärzt und ausschließlich Material über das offizielle Wirken von Personen der Zeitgeschichte, Funktions- und Amtsträgern herausgegeben.
Insbesondere Innenminister Otto Schily versucht derzeit massiv, die Gauck-Behörde öffentlich zu demontieren. Ihn und alle anderen Schlussstrich-Apologeten fordern wir auf, das Erbe der Friedlichen Revolution nicht leichtfertig zu verschleudern, sondern stattdessen ihren Willen zur Aufarbeitung der zweiten deutschen Diktatur klar zu bekräftigen.
Gesetzesnovelle muss Klarheit schaffen
Darüber hinaus treten wir für eine Novellierung des StUG ein, damit missverständliche Formulierungen nicht zu einem Ende der Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit führen. Novellierungsbedarf besteht nicht nur bei dem jetzt diskutierten §32, sondern auch bei §14, der ab 01.01.2004 die Anonymisierung oder gar Vernichtung von Originalakten auf Antrag zulässt. Nach dem jüngsten Urteilsspruch dürften dann auch alle Funktions- und Amtsträger der DDR ihre Akten vernichten lassen, wenn dieser Paragraph nicht ersatzlos gestrichen wird.