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Dienstag, den 15. März 2022

„Leipzig liest trotzdem“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“– Buchpremieren, Lesungen und Diskussionen am 17. März 2022

Kategorie: Pressemitteilung

Zum Start der mehrtägigen Lesereihe „Leipzig liest trotzdem“ in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ werden verschiedene Bücher präsentiert, die sich mit der Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur in SBZ und DDR und deren Auswirkungen bis heute auseinandersetzen. Die Biografie über Arno Esch beschäftigt sich mit der Todesstrafe in der DDR. Im Anschluss berichten ehemalige Gefangene von ihren Erlebnissen in den sowjetischen GULags. Über die Ursachen des Denkens und Handelns der menschenverachtenden Welt des Tschekismus, dem auch Wladimir Putin angehört, geht Bernd Müller-Kaller in seinem Buch „Gewalt tschekistisch“ auf den Grund und nimmt dabei auf den grausamen Krieg in der Ukraine Bezug. Am Ende des Tages steht die sehr eindrückliche Geschichte „Die Verlassenen“ über die Macht und das Wirken der Staatssicherheit sowie den Folgen einer zutiefst destruktiven Einflussnahme auf persönliche Biografien im Mittelpunkt, die über die Untiefen des Unrechts in der DDR informiert. Wie immer werden die Buchvorstellungen von einer Diskussionsrunde und Gesprächen mit dem Publikum umrahmt. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Es gelten die 3G-Regeln.

Im Rahmen des Programms „Leipzig liest trotzdem“ finden am Donnerstag, den 17. März 2022 insgesamt sechs Veranstaltungen in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ statt, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur und deren Auswirkungen bis heute auseinanderzusetzen. Neben den Lesungen lädt die Gedenkstätte auch wieder zu verschiedenen Führungen und Rundgängen ein. Im folgenden nähere Hinweise zu ausgewählten Veranstaltungen:

Natalja Jeske: „Arno Esch. Eine Biografie“ (12.00 Uhr)

Arno Esch studierte Jura an der Universität Rostock und war Mitglied im Vorstand der Liberal-Demokratischen Partei (LDP). Er geriet durch sein Engagement für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft in Konflikt mit SED und sowjetischer Besatzungsmacht. Im Oktober 1949 wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei MGB in Rostock verhaftet und am 20. Juli 1950 von einem sowjetischen Militärtribunal (SMT) in Schwerin wegen angeblicher Spionage und Bildung einer konterrevolutionären Organisation zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde am 24. Juli 1951 durch Erschießen im Moskauer Butyrka-Gefängnis vollstreckt. Heute wird er als Verfolgter des Kommunismus geehrt. Aber was wissen wir über Arno Esch und seine Ideen? Natalja Jeske untersucht in ihrem Buch im historischen Kontext erstmalig das Leben des Menschen und politischen Visionärs Arno Esch und stützt sich dabei auf zahlreiche, zum großen Teil neu erschlossene Quellen. Sie zeichnet das Bild einer faszinierenden Persönlichkeit, deren Ausstrahlung weit über den Tod hinauswirkt.

Moderation: Burkhard Bley (Stellvertreter der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur)

Bernd Müller-Kaller: „Gewalt tschekistisch“ (18.00 Uhr)

Anhand konkreter Schicksale erzählt der Autor, der selbst bis 1989 politischer Gefangener in Bautzen war, die Geschichte kommunistischer Gewalt gegen Andersdenkende und politische Gegner von 1917 bis 1989 durch die sowjetische Geheimpolizei TSCHEKA und die Stasi, die sich immer bewusst in dieser Tradition sah. Die Geschichte der Tscheka hat viele Millionen Opfer gekostet und ist heute nach 105 Jahren offensichtlich nicht zu Ende, wie am Beispiel des Tschekisten Wladimir Putin zu sehen ist. Das Buch legt neben erzählten Erlebnissen von Zeitzeugen vor allem die Ursachen und Hintergründe des Denkens und Handelns des menschenverachtenden Tschekismus offen. Angesichts der aktuellen Verbrechen des Tschekisten Wladimir Putin eine erschreckend aktuelle Zusammenstellung.

Diese Buchvorstellung wurde kurzfristig in das Programm aufgenommen.

Matthias Jügler: „Die Verlassenen. Ein Roman“ (20.00 Uhr)

Die Staatssicherheit war verantwortlich für zahlreiche Tragödien. Eine dieser Tragödien spielt sich in Johannes Familie ab. Offiziell ist Johannes Mutter 1986 an einem Herzinfarkt gestorben. Tatsächlich steckt hinter dem Todesfall eine ungeheuerliche Wahrheit, die mit dem Unrechtssystem der DDR verbunden ist. Der Grundschüler lebt zunächst allein mit seinem Vater, einem schweigsamen, still trauernden Maler, der ihm keine Stütze ist, der sich eingräbt in Melancholie, während sein Sohn versucht, irgendwie nützlich zu sein. Doch sein Vater führt in der DDR ein Doppelleben. In den neunziger Jahren verschwindet er spurlos. Johannes begibt sich nach Norwegen und wird dort die Geschichte seiner Familie erfahren, wobei er ähnlich erschüttert sein wird, wie tausende Bürgerinnen und Bürger der DDR, die nach 1989 ihre Stasi-Akte lasen. Der Autor, mehrfach ausgezeichnet, erzählt eine beeindruckende Geschichte von der Macht und dem Wirken der Staatssicherheit sowie den Folgen ihrer zutiefst destruktiven Einflussnahme auf persönliche Biografien.

Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“)

Die „Runde Ecke“ als Ort des aktuellen und gesellschaftlichen Diskurses

Täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr informiert die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in originalen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in Leipzig über die STASI als „Schild und Schwert“ der SED-Diktatur und über deren Überwindung durch die Friedliche Revolution. Die historische Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ zeigt zahlreiche, teils einzigartige Exponate zu Geschichte, Struktur und Arbeitsweise des MfS, darunter eine Maskierungswerkstatt, Geräte zur Postkontrolle bis hin zu einer Untersuchungshaftzelle. Die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ berichtet von den Ereignissen ’89, die die kommunistische Diktatur in der DDR zum Einsturz brachten. Seit 2012 ist die Gedenkstätte Teil des Europäischen Kulturerbes „Eiserner Vorhang“.

Die Open-Air-Ausstellung „Von der Burg zur Stasizentrale. ERINNERUNGEN an den Leipziger Matthäikirchhof“ am ehemaligen Stasi-Neubau in der Nähe der Klingertreppe erzählt auf dem Hintergrund der mehr als 1000-jährigen Stadtgeschichte Leipzigs, die hier mit der „urbe libzi“ ihren Ursprung nahm, vor allem die Entwicklung seit Anfang des letzten Jahrhunderts. Vom Verwaltungsneubau der Leipziger Feuerversicherungsanstalt 1913, über die Zerstörung der Matthäikirche und des gesamten angrenzenden Areals in der Bombennacht vom 4. Dezember 1943, der Nutzung der „Runden Ecke” nach dem Ende der NS-Diktatur unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung sowie schließlich als Sitz der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bis zur Besetzung während der Friedlichen Revolution am 4. Dezember 1989 und der nachfolgenden Auflösung wird die wechselvolle Geschichte dieses Areals bis in die Gegenwart erzählt.

Begegnungen am authentischen Ort: Veranstaltungen im Stasi-Kinosaal

Veranstaltungsort ist der ehemalige Stasi-Kinosaal, in dem auch die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ gezeigt wird. Der Saal ist ein original erhaltenes Relikt der SED-Diktatur und damit ein Stück Zeitgeschichte. In dem repräsentativen Saal fanden vielfältige Veranstaltungen der Staatssicherheit statt, darunter offizielle Feiern anlässlich wichtiger Jahrestage, Schulungen und Dienstbesprechungen. Anlässlich des 40. Jahrestags der DDR ließ die Bezirksverwaltung den Kinosaal komplett renovieren und eine neue Bestuhlung anschaffen. Der Kinosaal steht heute unter Denkmalschutz und wird als authentischer Ort von der Gedenkstätte für Geschichtsvermittlung, politische Bildung und aktuelle Debatten genutzt.

Die Veranstaltungsreihe „Leipzig liest trotzdem“ entstand in Zusammenarbeit mit Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Forschungseinrichtungen, Opferverbänden, Gedenkstätten sowie Verlagen und findet in Kooperation und mit der Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt. Das gesamte Programm und aktuelle Veränderungen finden Sie nachstehend oder online auf der Museums-Website. Dort kann das Programm auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: www.runde-ecke-leipzig.de. Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.

Veranstaltungen am Donnerstag, den 17. März 2022

12.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH

Natalja Jeske

Arno Esch. Eine Biografie

Erstmalige Rekonstruktion seines Lebens, ein Symbol des liberalen Widerstandes gegen die SED-Diktatur. Moderation: Burkhard Bley (Stellvertreter der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur)

13.00 Uhr: JAHRBUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH

Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur (Hg.)

GULag und Gedächtnis. Beiträge zur Deutsch-Russischen Geschichte

Das 2020 erstmalig erschienene Jahrbuch widmet sich der Aufarbeitung der kommunistischen Verfolgung. Eine der Redakteurinnen, Edda Ahrberg, stellt die ersten beiden Ausgaben des Jahrbuchs vor. Moderation: Anne Drescher (Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur)

14.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH

Sandra Uhlig / Sandra Pingel-Schliemann

Nicht gehört. Gehörlose Kinder in der DDR. DDR-Sonderschulwesen. Gehörlosenpädagogik in der DDR. Mit Biographien von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus Mecklenburg-Vorpommern

Acht Biografien von gehörlosen Menschen und ihre Erfahrungen im Alltag der DDR. Vorgestellt wird der Band vom Stellvertreter der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Burkhard Bley. Die Veranstaltung wird in Gebärdensprache übersetzt. Moderation: Anne Drescher (Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur)

14.00 Uhr: STADTRUNDGANG

„Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“

Herbst ´89: Die Bilder von den Friedensgebeten in der Nikolaikirche, den Montagsdemonstrationen auf dem Innenstadtring und der Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale gingen um die Welt. Die Chronik des Herbstes ´89 begann in Leipzig aber nicht erst mit den Demonstrationen im September und Oktober. Der geführte Stadtrundgang erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Zeitgeschichte wird am Ort des Geschehens lebendig und nachvollziehbar.

Treffpunkt: Hauptportal Nikolaikirche

16.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION UND ZEITZEUGENGESPRÄCH

Christin Müller-Wenzel

Der Staatliche Kunsthandel in der DDR – Ein Kunstmarkt mit Plan?

Ein Kompendium über das System des Staatlichen Kunsthandels in der DDR. Die Autorin kommt dabei auch mit dem Galeristen Volker Zschäckel, damaliger Leiter der Galerie am Sachsenplatz in Leipzig, ins Gespräch.

16.00 Uhr: GELÄNDERUNDGANG

Stasi – Intern

Der Rundgang gibt an originalen Schauplätzen der ehemaligen Stasi-Zentrale, die sonst nicht zugänglich sind, räumliche Einblicke in das gigantische Ausmaß, wie der DDR-Geheimdienst im Auftrag der SED bis vor reichlich 30 Jahren gearbeitet hatte. Vom Keller bis zum Boden können noch original erhaltene Räume besichtigt werden, u.a. die verbunkerten Schutzräume im 2. Kellergeschoss für den Kriegsfall, der Wartebereich der Stasi-eigenen Poliklinik oder die Kegelbahn des MfS besichtigt werden. Auch Überreste der Aktenvernichtung sind zu entdecken. Beim Rundgang wird auch über die mögliche Entwicklung des Areals gesprochen, das zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ weiterentwickelt werden soll.

Treffpunkt: Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ (Eingangsbereich)

18.00 Uhr: BUCHPRÄSENTATION UND GESPRÄCH

Bernd Müller-Kaller

GEWALT tschekistisch

Anhand konkreter Schicksale erzählt der Autor, der selbst bis 1989 politischer Gefangener in Bautzen war, die Geschichte kommunistischer Gewalt gegen Andersdenkende und politische Gegner von 1917 bis 1989 durch die sowjetische Geheimpolizei TSCHEKA und die Stasi, die sich immer bewußt in dieser Tradition sah. Angesichts der aktuellen Verbrechen des Tschekisten Wladimir Putin eine erschreckend aktuelle Zusammenstellung.

20.00 Uhr: LESUNG UND GESPRÄCH

Matthias Jügler

Die Verlassenen. Ein Roman

Nach einer wahren Begebenheit über das gewaltsame Eingreifen der Staatssicherheit in die persönliche Biografie. Moderation: Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“

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