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Staatsminsterin Sabine von Schorlemer und Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung weihen Europäisches Kulturerbesiegel in Leipzig ein
Kategorie: PressemitteilungNikolaikirche, Leipziger Ring und Museum in der „Runden Ecke“ erhalten am 12. März 2012 offizielle Würdigung als Teil des Kulturerbes „Eiserner Vorhang“
In einem öffentlichen Akt enthüllten die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Sabine von Schorlemer und der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung an diesem Montag vor etwa 50 Leipziger Bürgern, Zeitzeugen und Medienvertretern an der Nikolaikirche, dem Leipziger Ring und der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ die europäischen Kulturerbesiegel. Mit den blauen Plaketten erinnert die Europäische Union an wichtige Stätten europäischer Geschichte und Identitäten. Seit Januar 2011 beteiligt sich Deutschland mit den „Stätten der Reformation“ unter der Ägide der Stiftungen „Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt“ und dem „Eisernen Vorhang“ unter Leitung der Stiftung Berliner Mauer.
Im Netzwerk „Eiserner Vorhang“ ist Leipzig der einzige der ausgewählten Orte, der nicht an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze liegt. Hier manifestieren sich gleichermaßen die kommunistische Diktatur und deren friedliche Überwindung.
Sächsische Ministerin für Wissenschaft und Kunst würdigt die europäische Dimension der Leipziger Ereignisse
„Die Montagsdemonstrationen sind fest in unserem kollektiven Gedächtnis verankert,“ betonte Staatsministerin von Schorlemer in ihrer Rede in der Nikolaikirche. Nach einleitenden Worten des Superintendenten Martin Henker, der an den Beginn der regelmäßigen Friedensgebete in der Nikolaikirche im September 1982 erinnerte, die am Beginn der Massenproteste des Herbstes 1989 standen, würdigte von Schorlemer die europäische Dimension der Leipziger Ereignisse. Von Orten wie der Nikolaikirche, dem Leipziger Innenstadtring und der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit gingen wesentliche Impulse für die Friedliche Revolution aus, so der Tenor der Ministerin.
Die Trias der Initiierung der Proteste im Umfeld der Kirchen, der Aktivierung der politischen Emanzipation im öffentlichen Raum der Straße und der Bezwingung der Repression des Ministeriums für Staatssicherheit mache die Bedeutung der Leipziger Ereignisse für die Überwindung des „Eisernen Vorhangs“ aus, so von Schorlemer in ihrer Rede. In Zukunft sei es mit derlei Initiativen wichtig, besonders der jungen Generation die Ereignisse des Herbstes ´89 näher zu bringen und die Erinnerung daran wach zu halten: „Die mit dem Europäischen Kulturerbesiegel ausgezeichneten Leipziger Stätten erinnern vorbildhaft daran, dass eine Gesellschaft diktatorische Vormundschaft überwinden und ihre politischen Geschicke in demokratischer Form selbst in die Hand nehmen kann,“ resümierte von Schorlemer.
Oberbürgermeister Burkhard Jung nennt Kulturerbesiegel vorbildhaft für Europa
„Dieses Mal musste Leipzig sich nicht bewerben, dieses Mal ist uns diese Auszeichnung einfach zugefallen,“ bemerkte der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung am Anfang seiner Rede an der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und freute sich, dass die Bedeutung Leipzigs als Stadt der Friedlichen Revolution nun auch im europäischen Kontext gewürdigt und die damit in der Tradition der osteuropäischen Freiheitsbewegungen bis 1989 steht. Es sei gerade angesichts der allgegenwärtigen Krise in Europa wichtig, sich immer wieder das unglaublich Humane der Friedlichen Revolution in Erinnerung zu rufen. Ein wichtiges Anliegen der Stadt Leipzig sei es, an authentischen Orten wie der Nikolaikirche, der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und entlang des Innenstadtrings das Erbe der Friedlichen Revolution sinnlich erfahrbar zu machen, so Jung.
Der Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ skizzierte die Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale am 4. Dezember 1989 und die schon im Sommer beginnende Aufarbeitung durch die Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“. Die Gedenkstätte stehe für zwei Dinge gleichzeitig: Einerseits informiere Sie über die Verbrechen und das Funktionieren des MfS als einer zentralen Stütze der SED-Diktatur, sensibilisiere für die Gefahren, die auch unsere heutige Demokratie immer wieder ausgesetzt ist und engagiert sich für einen tragfähigen antitotalitären Konsens in der Gesellschaft. Anderseits steht die „Runde Ecke“ auch für die gewaltfreie Selbstbefreiung von dieser Diktatur im Zuge der Friedlichen Revolution.
In Zukunft sei die Auseinandersetzung mit extremistischen und totalitären Ideologien gerade im europäischen Kontext eine wichtige Aufgabe. „Vermittlung von Geschichte, noch dazu an authentischen Orten liefert dafür eine Grundlage,“ schloss Hollitzer.
Stellvertretend für den Leipziger Ring, bei dem die einzelnen Kulturerbesiegel in die Stelenausstellung „Orte der Friedlichen Revolution“ integriert sind, verwiesen Sabine von Schorlemer, Burkhard Jung und Tobias Hollitzer auf die Stele zur Friedlichen Revolution direkt vor der „Runden Ecke“. Im Anschluss an die Enthüllung luden die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und die Stadt Leipzig zu einem kleinen Stehempfang, bei dem Medienvertreter, Zeitzeugen, Abgeordnete und interessierten Bürgern ins Gespräch kamen.
Enthüllung der Kulturerbesiegel am Vortag eines historischen Datums: Am 13. März 1989 fand erste Demonstration von Ausreisewilligen im Leipziger Zentrum statt
Ende der 1980er Jahre war die Zahl der Ausreise- und Fluchtwilligen in der DDR enorm angestiegen. Schon seit dem Herbst 1987 hatte es an den Messemontagen in Leipzig Ausreisedemonstrationen gegeben.
Am Montag während der Frühjahrsmesse 1989 versammelten sich etwa 650 Menschen zum Friedensgebet in der Nikolaikirche. Anschließend demonstrierten vorwiegend Ausreisewillige durch die Leipziger Innenstadt. Wie erhofft, verhielten sich Polizei und Staatssicherheit wegen der zur Messe anwesenden westlichen Journalisten relativ zurückhaltend. Bereits am Abend berichteten die westdeutschen Medien ausführlich von den Leipziger Protesten.
In der irrigen Annahme, man müsse nur genügend Leipzigern die Ausreise genehmigen, um wieder Ruhe im Bezirk zu bekommen, beschloss die Stasi nach der Frühjahrsmesse 1989 die Aktion „Auslese“. Etwa 4.000 Personen sollten beschleunigte Ausreisegenehmigungen erhalten. Diese Aktion hatte allerdings die gegenteilige Wirkung. Noch mehr Menschen gingen zu den Friedensgebeten und Demonstrationen, um auf diesem Wege ihre Ausreise zu beschleunigen.
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