10. Juni 1989: Straßenmusikfestival
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Für den 10. Juni hatten Leipziger Oppositionsgruppen zu einem Straßenmusikfestival nach Leipzig eingeladen. Wie zu erwarten, war auch diese Veranstaltung von den staatlichen Stellen verboten worden, unter anderem, weil am gleichen Tag das Pressefest der SED-Bezirkszeitung Leipziger Volkszeitung (LVZ) stattfand. Trotz des Verbotes trafen viele Musiker aus der ganzen DDR in Leipzig zusammen und spielten zur Freude der Passanten bis in die Mittagsstunden in der Innenstadt.
Gegen 12.00 Uhr fuhr plötzlich die Volkspolizei vor und lud die Musiker samt ihrer Instrumente brutal auf LKWs. Die Verhaftungen dauerten bis zum Nachmittag an. Kurz vor Beginn der Motette des Thomanerchores wurden die letzten noch auf freiem Fuß befindlichen Musiker vor der Thomaskirche am Bachdenkmal eingekesselt und ebenfalls zugeführt.
Bei vielen Zeugen lösten die Übergriffe der Sicherheitsorgane Entsetzen und Unverständnis aus. So wurde aus "unbeteiligten Passanten eine protestierende Menge". Diese Einschätzung, die Vaclav Havel im Frühjahr 1989 vor einem Prager Gericht äußerte, traf auch in Leipzig zu.