StUG-Debatte
Das Bürgerkomitee hat intensiv an den gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit den Stasi-Akten mitgearbeitet. Die Volkskammer der DDR verabschiedete im August 1990 mit großer Mehrheit ein Gesetz zum Umgang mit den Stasi-Akten, in das zahlreiche Vorschläge der Bürgerkomitees eingeflossen waren. Dieses Gesetz wurde trotz scharfer Proteste nicht in den Einigungsvertrag übernommen. In Nachverhandlungen konnte jedoch zumindest festgelegt werden, dass dessen Grundsätze in ein noch auszuarbeitendes gesamtdeutsches Gesetz einfließen sollten.
Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Bürgerkomitees Berlin, Dresden und Leipzig begann 1990, einen Entwurf für ein Gesetz zum weiteren Umgang mit den Hinterlassenschaften des MfS aufzustellen. Nach mehrmonatigen Beratungen und Absprachen mit Sachverständigen ging das Papier im Februar 1991 an die Fraktionen und Parteien des Deutschen Bundestags sowie an die Länderparlamente und die dort zuständigen Ministerien. Es war der erste Gesetzesentwurf zum Thema, der überhaupt in der Bundesrepublik entstand. In der Folge führte die Arbeitsgruppe zahlreiche Gespräche mit Politikern, unter anderem auch mit der Präsidentin des Deutschen Bundestags Rita Süßmuth, die am 10.04.1991 das Bürgerkomitee Leipzig in der "Runden Ecke" besuchte.
Der Entwurf der Arbeitsgruppe war Grundlage für die Erarbeitung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG). Das Bürgerkomitee Leipzig hat sich an der Diskussion über dieses Gesetz bis zu dessen Verabschiedung intensiv beteiligt und konnte sein Fachwissen umfangreich einbringen. Es hat sich beispielsweise für diedezentrale Lagerung bestimmter Akten in den einstigen Bezirksstädten, die schließlich auch festgeschrieben wurde, eingesetzt.
Das StUG trat zum 29.12.1991 in Kraft. Das Bürgerkomitee verfolgt die Diskussion um dieses Gesetz bis heute und hat mehrmals auf Forderungen nach Aktenvernichtung, Schließung der Archive oder Einschränkung der Akteneinsichtsmöglichkeiten reagiert. Im Januar 2002 legte es einen umfassenden Novellierungsvorschlag vor, um das StUG als Aufarbeitungsgesetz zu erhalten.
Im Juli verabschiedete der Bundestag das novellierte Stasi-Unterlagen-Gesetz. Obwohl nicht alle Anregungen und Forderungen des Bürgerkomitees eingeflossen waren, fanden doch die beiden wichtigsten Punkte Berücksichtigung: §14 wurde ersatzlos gestrichen und §32 dahingehend geändert, dass Forschung und Medien wieder auf Akten von Funktions- und Amtsträgern sowie Personen der Zeitgeschichte zugreifen können.
zum Downloaden:
Novellierungsvoschlag des Bürgerkomitees, Januar 2002
Eckpunktepapier zur Novellierung des StUG, Februar 2006
Weitere Dokumente und Diskussionsbeiträge zum Thema finden Sie auf der Homepage der Rovert-Havemann-Gesellschaft, Berlin