"Zwei mal befreit?"
Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung Leipzigs durch die US-Armee, präsentierte die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ neue Forschungsergebnisse sowie eine kleine Kabinettausstellung zur amerikanischen und sowjetischen Besatzungzeit in Leipzig. Eröffnet wurde die Sonderschau am 18. April 2015 im Beisein des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung und dem Generalkonsul der USA Scott R. Riedmann.
Die wissenschaftliche Grundlage für die Ausstellung lieferte die Leipziger Historikerin Nora Blumberg, die sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit intensiv mit der 10-wöchigen amerikanischen Besatzungszeit und dem beginnenden demokratischen Aufbau in Leipzig beschäftigte. Sie forscht seit Jahren im Auftrag der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in amerikanischen und deutschen Archiven.
Die Befreiung der Stadt Leipzig am 18. April 1945 durch die US-Armee
Am 18. April 1945 erreichten US-amerikanischen Truppen Leipzig und befreiten die Stadt kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Die Amerikaner bezogen in der „Runden Ecke“ am Innenstadtring ihr Hauptquartier und richteten hier zeitweilig die Alliierte Militärregierung ein. Einzigartige und teilweise bisher unbekannte Fotos und Dokumente zeigen, dass die amerikanische Besatzung nicht nur eine Befreiung Leipzigs und einen Neuanfang brachte, sondern sie auch vor völlig neue Herausforderungen stellte. Trotz widrigster Umstände begann die Militärregierung sofort mit dem Aufbau demokratischer Strukturen.
Es ist sogar gelungen, ein privates Fotoalbum eines in Leipzig in der „Runden Ecke“ stationierten Soldaten zu recherchieren, das einmalige Aufnahmen der Nutzung des Gebäudes durch die US-Armee enthält. Diese Fotos und das Fotoalbum können in der Ausstellung betrachtet werden.
Mit dem Einzug der Sowjetischen Armee in Leipzig begann der gezielte Aufbau der kommunistischen Diktatur
Der demokratische Neuanfang, der nach dem Ende der NS-Diktatur in Leipzig durch die amerikanische Besatzungsmacht ermöglicht wurde, fand jedoch nach wenigen Wochen mit der Übergabe Leipzigs an die Rote Armee am 2. Juli 1945 ein jähes Ende. Nun begann die Einführung einer kommunistischen Diktatur und das Gebäude am Dittrichring wurde durch die sowjetische Militäradministration genutzt. 1950 wurde es Sitz der Leipziger Stasi-Zentrale. Erst 1989 mit der Friedlichen Revolution öffnete sich das Tor zu Freiheit und Demokratie wieder.
Bis 1989 wurden diese ersten Wochen eines demokratischen Neuanfangs unter der amerikanischen Besatzung verschwiegen, verdrängt und diffamiert. Im Schulunterricht wurde vermittelt, dass „die tatsächliche Befreiung […] erst durch den Einzug der Sowjetarmee stattfand. Außerdem sollten Beispiele für die Behinderung der Antifaschisten durch die Befehlshaber der anderen Armeen“ aufgeführt werden.“
Mit der Ausstellung „Zwei Mal befreit?“ setzt sich das Museum in der „Runden Ecke“ nicht nur mit einem Stück Stadtgeschichte auseinander, sondern widmet sich auch ganz bewusst einem Teil der Hausgeschichte der heutigen Gedenkstätte.