2022
Der bundesweite „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag, den 11. September 2022, steht in diesem Jahr unter dem Motto „KulturSpur. Ein Fall für den Denkmalschutz“. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ arbeitet an und in drei verschiedenen authentischen Orten der SED-Diktatur. Die ehemals von der Stasi genutzten Bauten sind heute Orte der Vermittlung, des Lernens und der Diskussion geworden, an denen Geschichte hautnah erfahrbar ist. Auch die (unangenehmen) Orte der SED-Diktatur müssen ein „Fall für den Denkmalschutz“ sein.
Der Erhalt authentischer Orte der kommunistischen Diktatur ist dem Bürgerkomitee ein besonderes Anliegen. Aktuell steht die künftige Entwicklung, des Komplexes der ehemaligen Leipziger Stasi-Zentrale am früheren Matthäikirchhof im Fokus. Beim Rundgang „Stasi intern“ erleben die Besucher eine Vielzahl noch original erhaltener Räumlichkeiten und Gebäude, die sonst nicht zugänglich sind. Ab 17.00 Uhr folgt im ehemaligen Stasi-Kinosaal eine Debatte zur Frage „Stasi-Zentrale – Erhalt oder Abriss? – Zum Umgang mit einem schwierigen Ort“. Vorher wird ein Film zur Geschichte des Areals gezeigt.
Geöffnet haben an diesem Tag auch wieder die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ in Leipzig (10.00-18.00 Uhr) das Museum im Stasi-Bunker in Machern (10.00-16.00 Uhr) hat auch die ehemalige Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig (11.00 - 15.30 Uhr).
17.00 Uhr: Film und Diskussion
„Stasi-Zentrale – Erhalt oder Abriss? – Zum Umgang mit einem schwierigen Ort
Der monströse Gebäudekomplex der ehemaligen Leipziger Stasi-Zentrale thronte bis 1989 als „Zwingburg der SED-Diktatur“ mitten in der Stadt. Während der Friedlichen Revolution führten die Montagsdemonstrationen an diesem vorbei, bis er am 4. Dezember 1989 friedlich besetzt wurde. So ist dieses Areal heute sowohl ein authentischer Ort der Geschichte von Repression und Unterdrückung in der DDR als auch der Selbstbefreiung von der SED-Diktatur. Der einst einschüchternde Ort der Diktatur soll nun zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ weiterentwickelt und ein Zentrum lebendiger Demokratie und des Austauschs von Generationen zu Zeitgeschichte, Gegenwart und Zukunft werden. Wieviel historische Substanz ist zur Wahrung eines solchen Geschichtsortes notwendig? Muss sich der Denkmalschutz auch für die unangenehmen Spuren engagieren? Die Zukunft des Areals ist ungewiss. Erhalt, Abriss oder Teilabriss stehen zur Debatte.
Der Film „Die Leipziger Stasi-Zentrale ? DDR-Relikt in bester City-Lage“ (Regie: Christian Schulz, MDR, 2021, 45 min) vermittelt die Historie des Ortes anschaulich.
Im Anschluss diskutieren: Prof. Dr. Arnold Bartetzky (Kunsthistoriker), Prof. Dipl.-Ing. Ronald Scherzer-Heidenberger (Architekt), sowie Tobias Hollitzer (Leiter der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“) unter der Moderation vom Sven-Felix Kellerhoff (Leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte, Die Welt).
Veranstaltungsort: Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, ehem. Stasi-Kinosaal, Goerdelerring 20, 04109 Leipzig
11.00 bis 16.00 Uhr (stündlich): „Stasi intern“ – Rundgänge durch die ehemalige Zentrale der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit und dem ehemaligen Matthäikirchhof
Die „Runde Ecke“ prägt seit über 110 Jahren das Bild der Stadt. Das zwischen 1911 und 1913 erbaute Versicherungsgebäude war seit der Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit im Jahr 1950 die Leipziger Stasi-Zentrale. Da der Platz in der „Runden Ecke“ für die expandierende Staatssicherheit schon Mitte der 1950er Jahren nicht mehr ausreichte, wurde 1955 bis 1958 ein Anbau mit Kinosaal und Kegelbahn fertig gestellt. Zwischen 1978 und 1985 wurde das Gebäude durch einen Neubau für ca. 65 Mio. DDR-Mark nochmals erheblich erweitert. Seit dieser Zeit thront der Stasi-Komplex am Dittrichring wie eine „Zwingburg der SED-Diktatur“ mitten in der Stadt. Die aktuelle Debatte zur Entwicklung des Areals auf dem Matthäikirchhof zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ und zu einem Zentrum für lebendige Demokratie und den Austausch von Generationen zu Zeitgeschichte, Gegenwart und Zukunft zeigt auch die Uneinigkeit beim weiteren Umgang mit dem Areal und bei den Fragen, ob und in welchem Umfang die historischen Gebäude erhalten bleiben sollen. Die Bedeutung der original erhaltenen Räumlichkeiten auch im Stasi-Neubau für die Vermittlung der Geschichte von Unterdrückung und Unrecht in der DDR zeigt der Rundgang durch den Komplex.
Die Besucher können am Tag des offenen Denkmals sonst nicht zugängliche, aber original erhaltene Räume im Komplex der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung besichtigen. Stündlich beginnen Führungen unter dem Motto „Stasi intern. Rundgang durch die ehemalige Zentrale des MfS – Vom Keller zum Boden und anderen Orten des (un)heimlichen Gebäudekomplexes“. Besichtigt werden unter anderem die verbunkerten Schutzräume im zweiten Kellergeschoss für den Kriegsfall, der Wartebereich der stasieigenen Poliklinik oder die Kegelbahn des MfS. Auch die Räume der einstigen Aktenvernichtung können entdeckt werden.
Treffpunkt: Eingangsbereich der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, Dittrichring 24, 04109 Leipzig
0.00 bis 24.00 Uhr: Open-Air-Ausstellung „Von der Burg zur Stasi-Zentrale“ – Erinnerungen an den Leipziger Matthäikirchhof
Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke” präsentiert im Rahmen der Diskussion um die Zukunft des Areals der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung auf dem früheren Matthäikirchhof diese Open-Air-Ausstellung. Auf dem Hintergrund der mehr als 1000-jährigen Stadtgeschichte Leipzigs, die hier mit der „urbe libzi“ ihren Ursprung nahm, steht vor allem die Entwicklung seit Anfang des letzten Jahrhunderts im Mittelpunkt. Vom Verwaltungsneubau der Leipziger Feuerversicherungsanstalt 1913, über die Zerstörung der Matthäikirche und des gesamten angrenzenden Areals in der Bombennacht vom 4. Dezember 1943, der Nutzung der „Runden Ecke” nach dem Ende der NS-Diktatur unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung sowie schließlich als Sitz der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bis zur Besetzung während der Friedlichen Revolution am 4. Dezember 1989 und der nachfolgenden Auflösung wird die wechselvolle Geschichte dieses Areals bis in die Gegenwart erzählt.
Der Gesamtkomplex stellt in seiner Ambivalenz ein wichtiges architektonisches Zeitzeugnis für Diktatur, Revolution und Demokratie im 20. Jahrhundert dar. Das zwischen 1911 und 1913 erbaute Versicherungsgebäude war spätestens seit 1951 die Leipziger Stasi-Zentrale und damit als „Runde Ecke” Sinnbild der SED-Diktatur und den damit verbundenen Repressionen. Zugleich war es aber auch ein Schauplatz demokratischer Entwicklungen – sowohl 1945 als auch 1989. Die Stasibezirksverwaltung erweiterte die Gebäude 1958 um den Saalbau und gemeinsam mit der Volkspolizei 1985 um den großen Neubaukomplex.
Diese Bebauung des Areals durch die Staatssicherheit und deren Besetzung während der Friedlichen Revolution prägt die Erinnerung der letzten 30 Jahre. Das Stasi-Unterlagen-Archiv und die Gedenkstätte „Runde Ecke” halten diese bis heute wach.
Ort: ehem. Stasi-Neubau an der Klingertreppe
10.00 bis 18.00 Uhr: „Stasi – Macht und Banalität“ – Besichtigung der historischen Ausstellung in der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“
In den ehemaligen Stasi-Arbeitsräumen zeigt das Bürgerkomitee die historische Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“. Die hier gezeigten Hinterlassenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit informieren über Geschichte, Struktur und Arbeitsweise der berüchtigten Geheimpolizei. Ein Rundgang durch die Ausstellung vergegenwärtigt dem Besucher, wie die SED ihren Überwachungsstaat aufbaute und die DDR-Bürger ihrer Grundrechte beraubte. Dabei soll auch bewusst werden, wie bedeutsam die Errungenschaften der Friedlichen Revolution gegen diese Diktatur bis heute sind.
Treffpunkt: Eingangsbereich der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, Dittrichring 24, 04109 Leipzig
11.00 Uhr: „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ – Stadtrundgang zu den Brennpunkten des Jahres 1989 in Leipzig
In Leipzig hielten schon während des ganzen Jahres 1989 eine Vielzahl öffentlicher Aktionen von Bürgerrechtsgruppen, wie die Demonstration für Meinungs- und Pressefreiheit im Januar, der Pleißepilgerweg und das Straßenmusikfestival im Juni oder die entscheidende Massendemonstration am 9. Oktober, die SED und vor allem die Staatssicherheit in Atem.
Der Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Unter anderem führt er Interessierte zum Nikolaikirchhof, wo schon im Frühjahr ’89 der Ruf nach Freiheit laut wurde, zum Augustusplatz, auf dem im Herbst Massenkundgebungen stattfanden, und am Leipziger Ring entlang. Und endet am Museum in der „Runden Ecke“, der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung, die während der Friedlichen Revolution am 4. Dezember 1989 friedlich besetzt und in der Folge aufgelöst wurde.
Treffpunkt: Haupteingang Nikolaikirche.
11.00 bis 16.00 Uhr: „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution in Leipzig“ – Ausstellung im ehemaligen Stasi-Kinosaal
Die Friedliche Revolution hatte in Leipzig eine lange Vorgeschichte. Die Ausstellung erinnert an die zahlreichen Aktionen der Leipziger Opposition, die machtvollen Demonstrationen im Herbst 1989, den Sturz der SED-Diktatur und den Aufbau demokratischer Strukturen sowie den Weg zur Deutschen Einheit. Die Ereignisse in Leipzig sind eingebettet in den Kontext des friedlichen Umbruchs in Ost-Mitteleuropa und stehen exemplarisch für die Entwicklungen in ganz Deutschland.
Treffpunkt: Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, ehem. Stasi-Kinosaal, Goerdelerring 20, 04109 Leipzig
11.00 bis 15.30 Uhr (halbstündlich): Führungen in der ehem. Zentralen Hinrichtungsstätte der DDR
Mitten in einem belebten Wohnviertel wurden in der letzten Hinrichtungsstätte auf deutschem Boden mindestens 64 Todesurteile vollstreckt. In der Leipziger Südvorstadt besteht zum „Tag des offenen Denkmals“ die seltene Möglichkeit, die Zentrale Hinrichtungsstätte der DDR zu besichtigen. Unter dem Titel „Todesstrafe in der DDR – Hinrichtungen in Leipzig“ bietet das Bürgerkomitee Interessierten in der Zeit von 11.00 bis 15.30 Uhr halbstündlich Führungen durch die weitgehend authentisch erhaltenen Räume an und gibt Erläuterungen zu diesem Themenbereich. In der ehemaligen Hausmeister- und Heizerwohnung der Strafvollzugseinrichtung wurden in der Zeit von 1960 bis 1981 unter strengster Geheimhaltung die Todesurteile für die gesamte DDR vollstreckt. Erst im Dezember 1987 wurde diese Strafart auch in der DDR abgeschafft. Ihr Ende stand im Zusammenhang mit Erich Honeckers Visite in Bonn bei Helmut Kohl vom 7. bis 11. September 1987. Honecker wollte dieses erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen nutzen, um die internationale Anerkennung der DDR als eigenständigen Staat weiter auszubauen. Der Verzicht auf die Todesstrafe sollte dies propagandistisch unterstützen.
Die ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte der DDR in Leipzig ist nach wie vor nur zur Museumsnacht und zum Tag des offenen Denkmals zu besichtigen. Sie soll zu einem justizgeschichtlichen Erinnerungsort ausgebaut werden. Ziel ist es, neben dem Erhalt der originalen Räumlichkeiten eine entsprechende moderne Ausstellung zum Thema zu erarbeiten und die dafür notwendigen Flächen vorzurichten.
Ort: Arndtstraße 48, 04275 Leipzig
10.00 bis 16.00 Uhr: Museum im Stasi-Bunker Machern – Rundgänge und Ausstellung
Getarnt als Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig liegt in prachtvoller Natur im Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche bei Machern die einstige Ausweichführungsstelle (AFüSt) des Leiters der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Kern der Anlage ist der von 1968 bis 1971 gebaute Bunker. Im Spannungs- und Mobilmachungsfall hätte der Leipziger Stasi-Chef mit seinem Stab, insgesamt etwa 100 hauptamtliche Mitarbeiter sowie Verbindungsoffiziere des sowjetischen Geheimdienstes KGB, seinen Dienstsitz aus der Bezirksverwaltung in der „Runden Ecke“ nach Machern verlagert. Die Ausweichführungsstelle war ein heimlich geschaffener Komplex, mit dem die Führungsriege des MfS den Machtanspruch der SED auch im Fall eines Ausnahmezustands, beispielsweise während eines Atomschlags, sichern wollte.
Der ehemalige Stasi-Bunker wurde im Dezember 1989 entdeckt. Nach der Enttarnung des Bunkers Ende 1989 setzte sich das Bürgerkomitee Leipzig e.V. für den Erhalt der authentischen Anlage ein. Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. erwirkte 1995, dass die gesamte Anlage unter Denkmalschutz gestellt und als Museum geöffnet wurde. Dass der ehemalige Stasi-Bunker bei Machern seit 1996 regelmäßig besichtigt werden kann, ist nicht zuletzt dem ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Helfer zu verdanken. Zum „Tag des offenen Denkmals“ am 08.09.1996, vor sechsundzwanzig Jahren, konnte schließlich das Museum im Stasi-Bunker eröffnet werden.
Am Sonntag, den 11. September 2022 bietet das Museum von 10.00 – 16.00 Uhr Rundgänge durch die unterirdische Anlage an. Während der Rundgänge erfahren die Gäste mehr Details über den Bunker und die Ernstfallplanung der Staatssicherheit.
Außerdem wird die Ausstellung „Aufbruch und Erinnerung – Eine fotografische Reise in den Osten Anfang der 1990er Jahre“ präsentiert. Die Fotografien der Soziologin und Fotografin Cordia Schlegelmilch entstanden zwischen 1990 bis 1996 während einer außergewöhnlichen Langzeitstudie zum gesellschaftlichen und politischen Umbruch in der DDR. Sie zeigen die Zeit des provisorischen Übergangs vom „Nicht-Mehr“ zum „Noch-Nicht“. Zum Tag des offenen Denkmals steht die Fotografin von
10.00 – 16.00 Uhr für Gespräche bereit, um ihre Moment-Aufnahmen aus der Zeit des provisorischen Übergangs zu erläutern.
Ort: Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche, Flurstück 439, 04827 Machern
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