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Inventar-Nr: 00060/154
Objekt: Stempelgerät


Fauststempel

Bei diesem Stempelgerät handelt es sich um einen speziellen Fauststempel zur Herstellung manueller Abdrücke für die Entwertung von Postwertzeichen. Sichergestellt wurde er im Zuge der Auflösung des link:w00251">Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) 1989/90. Die Stasi benutzte ihn für ihre Arbeit mit gefälschten Poststempelklischees. Der Handstempel mit dem abschraubbaren Holzgriff besitzt einen Überwurfring mit Schraubgewinde unter dem die Stempelklischees aus Zinkspritzguss befestigt wurden. Mit der abschraubbaren Feststellschraube an der Seite ließ sich das verstellbare Zahlenwerk für die Angabe des Datums fixieren, das noch eingesetzt werden musste (vgl. auch einen älteren Fauststempel aus der Leipziger BVfS).

Das MfS verfügte für seine konspirative Arbeit über eine große Anzahl von verschiedenen, überwiegend gefälschten Stempeln, so auch über diese im Auftrag der Abteilung M (Postkontrolle) im Ätzungsverfahren hergestellten Stempelklischees verschiedener Poststempel. Als Vorlage für die Herstellung dienten vermutlich Poststempel auf Originalbriefen. Mit diesen Stempeln entwertete die Stasi nicht nur Briefmarken auf neu angefertigten Umschlägen - dies war notwendig wenn die Originalumschläge beim Öffnen der Briefe beschädigt worden waren - sie stempelte damit auch von ihr fingierte Briefe ab. Mit solchen erfundenen Briefen versuchte die Stasi Personen zu denunzieren und Misstrauen zu verbreiten. Andererseits überprüfte sie damit auch Inoffizielle Mitarbeiter (IM) auf deren "Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit". Für die Herstellung bzw. Bereitstellung von Stempelfälschungen aber auch Ausweisen war im MfS der Operativ-technische Sektor (OTS) zuständig.

In Leipzig arbeitete die Abteilung M u.a. in der dritten Etage im Bahnpostamt (BPA) der Deutschen Post in der Brandenburger Straße (unter dem Tarnnamen "Stelle 12") sowie im Hauptpostamt 18 in der Rohrteichstraße (als "Postzollfahndung"). Legendiert durch Uniformen und Dienstausweise der Deutschen Post sollten die Angehörigen der Abteilung M den echten Postmitarbeitern nicht als Stasi-Mitarbeiter auffallen. Sie sortierten alle Sendungen aus, deren Adressen sich in der "Anschriftenfahndung" befanden oder anderweitig verdächtig erschienen. In großen Kuriertaschen wurden die Briefe dann in die Bezirksverwaltung transportiert und mit speziellen Geräten "aufgedampft", häufig kopiert und wieder verschlossen. Für intensivere Untersuchungen, z.B. für die Suche nach Geheimbotschaften, betrieb die Abteilung M der BVfS Leipzig seit 1986 auch einen eigenen Labor- und Untersuchungskomplex in der "Runden Ecke". Nicht wenige Briefe wurden daraufhin gleich einbehalten. Pakete wurden z.T. mit Sonden untersucht, um ihren Inhalt identifizieren zu können. Auch sämtliche Telegramme wurden durch die Abt. M kontrolliert. Die Dienste der Abteilung M nahmen alle Diensteinheiten in Anspruch. Bei Beobachtungen konnte die Linie VIII auch "Sonderbriefkastenleerungen" beantragen.


Sammlung: Postkontrolle
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: unbekannt
Maße: Höhe: 13,5 cm; Durchmesser: 39 mm
Material: Stempelträger: Eisen,
Griff: Holz
Farbe: Stempelträger: silber,
Griff: hellbraun
Verwendung: Entwerten von Postwertzeichen, Fälschen von Stempelabschlägen, Fälschen von Briefen










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