Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 12250
Objekt: Häcksler


Häcksler 80

Der Häcksler mit braunem Holzgehäuse diente der Vernichtung von Akten direkt im Büro. Er hat oben eine abnehmbare Kunststoffabdeckung mit einem Schlitz für den Papiereinzug, darunter liegen der Motor und mehrere Scherenblätter. Das Gerät konnte sowohl elektrisch als auch manuell mit einer seitlich anzubringenden Kurbel betrieben werden. Die Papierreste wurden dabei in einem Pappbehälter aufgefangen, der zur Leerung durch eine Frontklappe aus dem Häcksler herausgenommen werden konnte (vgl. auch weitere Geräte zur Aktenvernichtung).

Als sich im Oktober und November 1989 abzeichnete, dass sich der Volkszorn nicht nur gegen die Staats- und Parteiführung der DDR, sondern insbesondere auch gegen das Ministerium für Staatssicherheit richtete, begannen die Mitarbeiter des MfS umgehend mit der massenhaften Vernichtung des Aktenmaterials (in Leipzig nachweislich ab dem 17. November 1989). Einst gesammelt, um andere zu belasten, waren die Akten für die Stasi jetzt selbst zur Belastung geworden, weil sie detailliert festhielten, mit welchen Methoden und in welchem Ausmaß das Ministerium jahrelang gegen die eigene Bevölkerung gearbeitet hatte. Während einige Kreisdienststellen ihre Akten hastig auf öffentlichen Mülldeponien verbrannten, hatten die Mitarbeiter in der "Runden Ecke", der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS), die Möglichkeit, Akten direkt im Hof der Bezirksverwaltung zu vernichten, wo in einer der Garagen ein Feuchtschredder ("Kollermaschine") stand. Dieser zerkleinerte die Akten und unter Zugabe von Wasser entstand eine grobe Masse, die so genannte "Kollermasse". Was ehemals auf dem Papier geschrieben stand war nicht mehr entzifferbar, das Material aber als "Sekundärrohstoff" weiterverwendbar. Diese Vernichtungsmethode reichte für die großen Aktenberge aber nicht aus, so dass weitere Schredder, u.a. auch der Häcksler 80, zum Einsatz kamen, oder das Papier einfach zerrissen wurde.

Die Aktenvernichtung, die letztendlich auch in Leipzig der Auslöser für die Besetzung der MfS-Bezirksverwaltung am 4. Dezember 1989 war, konnte erst durch den mutigen Einsatz von eilig gegründeten Bürgerkomitees gestoppt werden (z.B. dem Bürgerkomitee Leipzig). Zwar gelang es dem MfS, viele Akten der Öffentlichkeit für immer zu entziehen (z.B. fast sämtliche Akten der Hauptverwaltung Aufklärung), doch ein Großteil konnte "gerettet" werden: Nach Schätzungen der Bundesbeauftragen für die Stasiunterlagen beläuft sich das schriftliche "Erbe" des MfS heute auf 176 Kilometer Schriftgut, darunter 41 Mio. Karteikarten.


Sammlung: Technisches Arbeitsgerät
Datierung: 1988
Hersteller: unbekannt
Maße: Höhe: 73,5 cm; Tiefe: 43 cm; Breite: 37,1 cm
Material: Gehäuse: Holz, Kunststoff,
Behälter: Pappe
Farbe: Gehäuse: braun, schwarz,
Behälter: hellbraun
Verwendung: Vernichten von Akten, Büroarbeitsmaterial









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