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Inventar-Nr: 17585
Objekt: Lesezeichen


Lesezeichen "Leben heißt ein Ziel haben" vom Kirchentag 1978 in Leipzig

Lesezeichen mit dem Motto "Leben heißt ein Ziel haben" vom Kirchentag in Leipzig 1978. Es besteht aus einem zugeschnittenen und zweifarbig bedruckten Vliesstoff (vgl. auch ein Abzeichen vom Kirchentag 1978 und ein Vlies-Lesezeichen vom Kirchentag 1989). Mit Vliesstoff stellte man in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vorwiegend Weihnachts- und Osterdecken her. Während der Friedlichen Revolution 1989/90 wurde der Textilstoff aber auch verwendet, um Protesttransparente anzufertigen.

Nach 1954 fand vom 26. bis 28. Mai 1978 zum zweiten Mal ein Kirchentag in Leipzig statt. Es war der erste größere Kirchentag in der DDR nach dem Bau der Mauer. Ein wichtiges Thema auf dem Kirchetag war die fortschreitende Militarisierung der Gesellschaft, am Rande des Kirchentages kam es zu Protesten gegen die geplante Einführung eines Wehrkundeunterrichtes (vgl. dazu auch die unabhängige Friedensbewegung seit Anfang der 1980er Jahre). Diese Proteste konnte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) im Rahmen des Kirchentages nicht verhindern, umso härter ging sie dann im außerkirchlichen Raum dagegen vor.

In den Wochen nach dem Kirchentag vervielfältigten einige Leipziger mittels eines Setzkastens ein Flugblatt, mit dem zu Eingaben an das Ministerium für Volksbildung gegen den Wehrkundeunterricht aufgerufen wurde. Die Flugblätter verschickten sie per Post und verteilten sie in Hausbriefkästen. Mehrere Denunzianten lieferten die Flugblätter bei ihren Vorgesetzten, SED-Parteisekretären oder direkt bei der Staatssicherheit ab. Die Post leitete teilweise Briefe nicht an den Adressaten weiter, sondern an die Stasi. Weitere Briefe fing die Abteilung M (Postkontrolle) des MfS ab. Die Abteilung XX der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig eröffnete daraufhin kurze Zeit später den operativen Vorgang "Kreis". Nach wenigen Tagen ermittelte die Stasi eine Frau als möglichen Absender. Es wurden verschiedene Schritte für eine vollständige Überwachung eingeleitet, dazu gehörten das tägliche Beschatten durch die Abteilung VIII, das Abhören des Telefons, das Einleiten einer Postkontrolle und das ausspionieren verdächtiger Personen durch Inoffizielle Mitarbeiter (IM). Die Stasi beschaffte sich auch Geruchskonserven von der vermutlichen "Täterin" und veranlasste eine konspirative Wohnungsdurchsuchung. Im Rahmen der Untersuchungen ermittelte die Stasi noch weitere Flugblattverteiler. Obwohl aus "politischen Erwägungen keine strafprozessualen Maßnahmen" eingeleitet wurden, blieb die Flugblattaktion für die Beteiligten nicht ohne Folgen. Sie wurden vom Studium ausgeschlossen oder genötigt ihre Arbeitsstelle zu kündigen (vgl. verschiedene Flugblätter der Opposition).


Sammlung: Sonstiges
Datierung: 26.05.1978-28.05.1978
Hersteller: unbekannt
Maße: Breite: 65 mm; Länge: 130 mm
Material: Vlies
Farbe: Tuch: weiß,
Aufdruck: orange, schwarz
Verwendung: Erinnerung, Werbung








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