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Inventar-Nr: 17659
Objekt: Transparent


Transparent "Freie Wahlen statt gefälschter Zahlen" (Nachfertigung als Filmrequisit)

Das weiße Stofftransparent mit der schwarz gemalten vierzeiligen Aufschrift "Freie Wahlen statt gefälschter Zahlen" ist eine Anfertigung aus dem Jahr 2008. Hergestellt hat man es als Requisit für Filmaufnahmen zur Dokumentation "Das Wunder von Leipzig - Wie die Mauer wirklich fiel", die im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und ARTE produziert wurde. Vorlage war ein ähnlich gestaltetes Transparent mit der gleichen Losung, das Demonstranten während der Friedlichen Revolution auf der Leipziger Montagsdemonstration am 23. Oktober 1989 getragen hatten. Diese erinnerten damit an den Wahlbetrug während der Kommunalwahl am 7. Mai 1989 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Die SED-Führung in Berlin hatte damals die politische Erwartung ausgesprochen, dass das Ergebnis der Kommunalwahl nicht schlechter ausfallen dürfe als das der vorangegangenen Wahlen. Dieses Ziel war aber offenkundig nicht zu erreichen, wurde aber entlang der politischen Hierarchien als Aufforderung zur Wahlfälschung weitergegeben. So verteilte beispielsweise der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Leipzig Briefe mit konkreten Prozentsätzen, die abzurechnen waren. Den reibungslosen Ablauf der von der SED mit großem agitatorischen Aufwand vorbereiteten Wahl versuchte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) mit der Aktion "Symbol" abzusichern. Mitglieder verschiedener Oppositionsgruppen organisierten in mehreren Orten der DDR die Kontrolle der Stimmenauszählung. Erstmals gelang es so, der SED-Führung Wahlbetrug nachzuweisen, die Diskrepanz zwischen den offiziellen Ergebnissen und den direkt ermittelten Zahlen wurden offensichtlich. Dennoch liefen alle Einsprüche gegen die Wahl ins Leere. Für viele DDR-Bürger brach damit die Illusion vom "Rechtsstaat DDR" zusammen.

Der Dokumentarfilm aus dem Jahr 2008 der in Leipzig und Umgebung gedreht wurde, erzählt von den Ereignissen im Herbst 1989, als sich Montag für Montag DDR-Bürger zu mutigen Protestzügen formierten um für Freiheit und mehr Bürgerrechte zu demonstrieren. Am 9. Oktober, dem "Tag der Entscheidung" drohte die Situation zu eskalieren. Zur Verhinderung bzw. gewaltsamen Auflösung der erwarteten Demonstration standen etwa 8.000 bewaffnete Sicherheitskräfte bereit, neben Polizei und Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) auch Einheiten der Kampfgruppen und Soldaten der NVA. Der Einsatz von Schlagstöcken und Wasserwerfern war angeordnet, die SED hatte aber auch den Einsatz von Schusswaffen offen angedroht. Um gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern, appellierten Leipziger Bürgerrechtler mit Aufrufen an Demonstranten und Sicherheitskräfte, sich der Gewalt zu enthalten. Persönlichkeiten und auch Repräsentanten der SED riefen zur Besonnenheit auf. Trotz großer Ängste demonstrierten an diesem Tag nach den Friedensgebeten in vier Leipziger Kirchen etwa 70.000 Bürger mit den Losungen "Keine Gewalt" und "Wir sind das Volk" gegen das SED-Regime. Tausende waren extra nach Leipzig gereist. Angesichts dieser Massen mussten sich die Sicherheitskräfte zurückziehen. Dem Mut dieser Demonstranten war es zu verdanken, das die Situation nicht eskalierte und der Grundstein für eine friedliche Revolution gelegt werden konnte: das Wunder von Leipzig und den Fall der Mauer am 9. November 1989 (vgl. alle Requisiten dieser Dokumentation).


Sammlung: Transparente
Datierung: 23.10.1989, 2008
Hersteller: Lüpert, Broadview-TV GmbH
Maße: Länge: 137 cm; Breite: 164 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Tuch: weiß,
Aufschrift: graublau
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Filmaufnahme








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