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Inventar-Nr: 17825
Objekt: Plakat


Plakat ohne Aufschrift für den 2. Pleißegedenkmarsch 1989 in Leipzig

Solche grafischen Blätter dienten dem Christlichen Arbeitskreis Weltumwelttag (AKW) zur Herstellung von selbst gestalteten Ankündigungsplakaten für den 2. Pleißegedenkmarsch am 4. Juni 1989 in Leipzig. In geringer Auflage vervielfältigt und von Hand beschrieben, kündeten die Plakate in den kirchlichen Schaukästen die Umwelt-Protestaktion an. Die Pleiße ist ein Fluss in Leipzig, der 1956 wegen seines Gestankes teilweise unter die Erde verlegt wurde. Mit dem Umzug entlang des Gewässers sollte auf die unhaltbare Umweltsituation in der Stadt aufmerksam gemacht werden. Der unter dem Motto "Eine Hoffnung lernt gehen" organisierte "Pleißepilgerweg 1989" wurde von der SED und dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) offiziell verboten. Mit ähnlich gestalteten Plakaten riefen verschiedene Umweltgruppen bereits ein Jahr zuvor zum 1. Pleißegedenkmarsch auf.

Bereits kurz nach der Durchführung des 1. Pleißegedenkmarsches am 5. Juni 1989 begannen die Vorbereitungen für den 2. Pleißemarsch im Jahr 1989 durch Mitglieder verschiedener Basisgruppen, die sich zum "Christlichen Arbeitskreis Weltumwelttag" (AKW) zusammengeschlossen hatten. Diese Protestaktion sollte eine wichtige Rolle hin zur Friedlichen Revolution spielen und mit das Ende der SED-Diktatur einläuten. Obwohl der Pleißepilgerweg vom Leipziger Jugendpfarrer Klaus Kaden offiziell als kirchliche Veranstaltung bei der Volkspolizei angemeldet worden war, verboten ihn die staatlichen Stellen. Zur Verhinderung des Pleißemarsches führte die Staatssicherheit die Aktion "Spuk" mit über 600 Mitarbeitern durch. Bereits im Vorfeld versuchte die Stasi (vgl. dazu die verantwortliche Hauptabteilung XX des MfS) die Organisatoren zu disziplinieren, u.a. wurden Mitglieder von Umweltgruppen am Vortag der geplanten Veranstaltung unter Hausarrest gestellt. Weiterhin forderte man insgesamt 50 Mitglieder von Basisgruppen dazu auf, eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie über das Verbot des Pilgerweges informiert wurden seien und nicht daran teilnehmen werden. Dabei lud die Stasi auch ihren Inoffiziellen Mitarbeiter "mit Feindverbindung (IMB) "Elias" vor, um dessen Konspiration nicht zu gefährden. Am 30. Mai 1989 wies Stasi-Minister Erich Mielke alle Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an, dafür zu sorgen, dass keine "bekannten feindlichen Elemente" nach Leipzig anreisen können. Am 4. Juni 1989 versuchten dennoch einige der 1.000 Teilnehmer des Umweltgottesdienstes in der Paul-Gerhard-Kirche in Connewitz auf der Route des geplanten Pilgerweges in die Leipziger Innenstadt zu gelangen, 83 Personen wurden dabei festgenommen. Gegen 19 Personen verhängte die Polizei Ordnungsstrafen in einer Gesamthöhe von 7.100 (DDR-)Mark. Auch den abendlichen Umweltgottesdienst in der Reformierten Kirche besuchten über 600 Personen. Um auch über diesen Tag hinaus eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, brachte der AKW das offiziell nicht genehmigte Info-Heft "Die Pleiße" heraus, welches offen und fundiert über die ökologische Situation in Leipzig und den katastrophalen Zustand der Pleiße informierte (vgl. auch ein weiteres wichtiges Ereignis des Jahres 1989 in Leipzig - das verbotene Straßenmusikfestival).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 04.06.1989
Hersteller: Christlicher Arbeitskreis Weltumwelttag Leipzig
Maße: Breite: 29,8 cm; Länge: 42 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Information








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