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Inventar-Nr: 17904
Objekt: Ausweis


Ausweis eines Ordners vom Kongress und Kirchentag 1989 in Leipzig

Dieser provisorische Ausweis gehörte einem kirchlichen Sicherheitsbeauftragten, der auf dem vom 6. bis 9. Juni 1989 abgehaltenen Kirchentag in Leipzig eingesetzt war. Auf dem Kartenvordruck sind handschriftlich neben dem Namen des Ausweisinhabers auch dessen Einsatzorte vermerkt: "MM" (Altes Messegelände - hier fanden zahlreiche Kirchentagsveranstaltungen statt), "Scheibenholz" (Pferderennbahn Scheibenholz - hier fand die Abschlussveranstaltung statt) und "Paul-Gerhard-Gemeinde" (Paul-Gerhard-Kirche in Leipzig-Connewitz - hier fand u.a. der "Abend der Begegnung" statt). Der - kaum mehr lesbare - Stempel des Landesausschusses des Kongress und Kirchentages in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen auf der Karte beglaubigte diese personengebundene "Berechtigung" (vgl. auch eine provisorisch ausgestellte Berechtigungskarte des Bürgerkomitee Leipzig). Die Paul-Gerhard-Kirche war bereits ein Monat zuvor, am 4. Juni 1989, Schauplatz eines Ereignisses, das von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. In der Kirche fand der Eröffnungsgottesdienst der Umweltprotestaktion "Pleißepilgerweg" statt, die von verschiedenen Basisgruppen organisiert und von den Sicherheitskräften verboten worden war.

Die Abschlussveranstaltung des Kirchentages auf der Pferderennbahn Scheibenholz besuchten etwa 60.000 Menschen. Basisgruppenmitglieder enthüllten hier zwei Transparente mit den Aufschriften "Nicht noch mal! Wahlbetrug" und "Demokratie", letzteres auf deutsch und chinesisch. Der Versuch, damit auf die Bühne zu gelangen, wurde von kirchlichen Ordnungskräften vereitelt. Immer mehr Menschen versammelten sich jedoch um die Transparente und knüpften mit farbigen Bändern ein dichtes Netz. Schließlich verließen etwa 1.000 Personen die Rennbahn. Wolfgang Schnur, Anwalt von Oppositionellen und im Frühjahr 1990 enttarnter Inoffizieller Mitarbeiter (IM) "Torsten" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), versuchte die Demonstration zu verhindern. Die Sicherheitskräfte hingegen griffen hier nicht ein. Die Demonstranten zogen über die vierspurige Wundtstraße in Richtung Innenstadt. Am Floßplatz zerrten dann Stasi-Mitarbeiter die Transparente in eine Straßenbahn. Aus Protest blockierten daraufhin Demonstranten die Gleise. Um den Weitermarsch der Demonstranten in die Innenstadt zu verhindern, riegelten Polizeiketten die Karl-Liebknecht-Straße ab. Von der Volkspolizei abgedrängt und der Kirchenleitung beeinflusst, beendeten die Demonstranten ihre Protestaktion mit einer spontanen Andacht in der Peterskirche. Unmittelbar nach der Demonstration informierte Helmut Hackenberg, 2. Sekretär der SED-Bezirksleitung Leipzig, das Zentralkomitee der SED. Obwohl von westdeutschen Medienvertretern gefilmt, wurden die Bilder von der Demonstration für Demokratie, wohl aus Rücksicht auf die ostdeutsche Kirchenleitung, nicht gesendet. In der Berichterstattung von westdeutschen Zeitungen fand die Demonstration allerdings Beachtung (vgl. auch einige Werbemittel vom Kirchentag).


Sammlung: Ausweise und Berechtigungsscheine
Datierung: 06.07.1989-09.07.1989
Hersteller: Kongress und Kirchentag Leipzig
Maße: Breite: 10,4 cm; Länge: 7,45 cm
Material: Papier
Farbe: Karte: weiß,
Aufdruck: dunkelblau,
Aufschrift: blau,
Stempel: violett
Verwendung: Berechtigung und Ausweisung








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