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Inventar-Nr: 17934
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt der Partei des Demokratischen Sozialismus für die Wahlen zur Volkskammer 1990 "Für ein Deutschland - zukunftssicher, zusammengewachsen und nicht zusammengenagelt"

Dieses Flugblatt der PDS verteilte man kurz vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 18. März 1990 auf den Montagsdemonstrationen in Leipzig. Herausgegeben wurde es, nachdem die SED ihren Namen am 4. Februar 1990 ein weiteres Mal abgeändert hatte, nunmehr in PDS. Zwischenzeitlich firmierte sie als SED-PDS. Zwischen Dezember 1989 und Ende Januar 1990 wehrte sich die SED hartnäckig dagegen, die Regierungsverantwortung in der DDR komplett abzugeben und sich selbst aufzulösen. Eine Auflösung hätte den unmittelbaren Verlust des Parteivermögens zur Folge gehabt. Durch die Umbenennung in PDS rettete die SED ihr Vermögen und versprach gleichzeitig grundlegende Reformbereitschaft. In weiten Teilen der Bevölkerung wurde dieses jedoch als Etikettenschwindel aufgefasst. Noch im Januar 1990 versuchte die SED-PDS im Wahlkampf die eigenen Mitglieder und Sympathisanten gegen die Deutsche Einheit zu mobilisieren. Nach einem Staatsbesuch in Moskau Anfang Februar 1990 bekannte sich dann aber auch Ministerpräsident Hans Modrow offiziell dazu. Wie auf dem Flugblatt angedeutet, wollte die PDS diese allerdings durch einen schrittweisen Übergang im Rahmen einer europäischen Einigung erreichen und forderte gleichzeitig gesellschaftspolitische Veränderungen in der Bundesrepublik. Bei den Wahlen erreichte die PDS DDR-weit 16,33% und in Leipzig-Stadt 16,52% (vgl. auch Wahlwerbung für die Kommunalwahlen 1990).

Neben der deutschen Einheit blieb die endgültige Entmachtung und die Aufarbeitung der SED-Diktatur zwischen Januar und März 1990 eine zentrale Forderung und bestimmendes Thema auf den Montagsdemonstrationen. Der "Runde Tisch" entschied Anfang Januar 1990, auf Kundgebungen vor den Demonstrationen zu verzichten. Dies rief Proteste von Oppositionsgruppen hervor. Da die SED-PDS weiterhin die Medienhoheit besaß, benötigten sie die Kundgebungen als öffentliches Podium. Dort konnten sie den Kampagnen wirkungsvoll entgegentreten. Die SED-PDS versuchte aktiv ihre Macht zu restaurieren. Besonders rechtsradikale Vorfälle nutzte sie propagandistisch aus, um gegen die Deutsche Einheit und für den Erhalt ihres Geheimdienstes - Ministerium für Staatssicherheit (MfS) - zu argumentieren. Ebenfalls Anfang Januar 1990 nahm das Bürgerkomitee Leipzig die SED-PDS in den Fokus und versuchte deren Archive zu sichern. Neben der Aufarbeitung von Strukturen und Arbeitsweisen des ehemaligen MfS/AfNS untersuchte es nunmehr auch dessen Verflechtung mit SED, Polizei und anderen. Vielen Montagsdemonstranten ging die Entmachtung der SED aber nicht schnell genug. So forderten am 29. Januar 1990 zahlreiche der rund 100.000 Montagsdemonstranten weitergehende Schritte, wie zum Beispiel die sofortige Auflösung. Aber vor allem die Ankündigung, am 18. März 1990 Volkskammerwahlen durchzuführen, wurde an diesem Tag begrüßt. Die weiteren Demonstrationen wurden nun zunehmend für den beginnenden Wahlkampf genutzt, wodurch sich deren Charakter veränderte. Zahlreiche bundesdeutsche Politiker traten im Wahlkampf auf und sprachen in Leipzig vor Zehntausenden. Am Montag vor der ersten freien Volkskammerwahl fand die letzte Leipziger Montagsdemonstration der Friedlichen Revolution statt. Am 18. März 1990 feierte die Ost-CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Lothar de Maiziére mit 40,91% einen überlegenen Wahlsieg (in Leipzig-Stadt 28,69%). Das Wahlbündnis "Allianz für Deutschland" errang fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen (vgl. unterschiedliche Wahlwerbung).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 18.03.1990
Hersteller: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)
Maße: Breite: 14,95 cm; Länge: 21 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: blau, rot
Verwendung: Wahlwerbung, Information








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