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Inventar-Nr: B02226
Objekt: Broschüre


Filmheft "Nikolaikirche"
Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks in Co-Produktion mit MDR, ORF und Arte und Provobis Film nach dem gleichnamigen Roman von Erich Loest

Das Presseheft für den zweiteiligen Fernsehfilm "Nikolaikirche" wurde 1995 von der Pressestelle des Westdeutschen Rundfunk Köln (WDR) herausgegeben. Die Film-Erstausstrahlung erfolgte am 17. Oktober des gleichen Jahres bei ARTE. Der Film von Frank Beyer basiert auf dem gleichnamigen Roman von Erich Loest, der im Herbst 1995 erschien und die historischen Ereignisse vom "Herbst ´89" zum Thema macht. Er erzählt die Geschichte einer Leipziger Familie in den Jahren 1987 bis zu den dramatischen Ereignissen im Sommer 1989 und den Montagsdemonstrationen im Oktober 1989, die den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) einläuteten und schließlich zum Sturz der 40jährigen Diktatur führten. Der Film beleuchtet die letzten Jahre der DDR und zeigt u.a. wie sich die "Montagsgebete" (Friedensgebete) in der Nikolaikirche zu einem Zentrum des geistigen Widerstandes entwickelten. Er erzählt von dogmatischer Engstirnigkeit, Druck und innerfamilärer Bespitzelung - vom Konflikt innerhalb einer Funktionärsfamilie, der nach dem Tod des Familienoberhauptes, eines hoch dekorierten Offiziers der Deutschen Volkspolizei (DVP), aufbricht. Die Tochter verfällt in eine tiefe Sinnkrise und beginnt das System zu hinterfragen, von dem sie sich schließlich immer mehr distanziert und sich der Friedensbewegung anschließt. Dadurch gerät sie immer öfter mit ihrem Bruder, einem Hauptmann des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), aneinander. Das Geschehen treibt schließlich auf seinen dramatischen Höhepunkt zu. Mit der gewaltlosen Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 erringen die Leipziger Bürger den entscheidenden Sieg über das SED-Regime und geben die Initialzündung für die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen im Land.

Seit September 1982 fanden in der Leipziger Nikolaikirche jeden Montag Friedensgebete statt, die 1988/89 eine zentrale Bedeutung erlangten. Zunehmend fanden im Anschluss auch Aktionen vor der Kirche statt. Im Jahr 1987 übernahm Pfarrer Christoph Wonneberger die Koordinierung der Friedensgebete. Diese erfuhren jetzt eine stärkere Politisierung und widmeten sich aktuellen Problemen. Die Nikolaikirche wurde dadurch zu einer festen Institution des politischen Protestes. Vor allem Ausreiseantragsteller nutzten - unter ständiger Beobachtung durch die Staatssicherheit (vgl. "Aktion Treffpunkt") - die Montage während der Leipziger Messe, um im Schutz westlicher Journalisten auf ihre Situation hinzuweisen. Außerhalb der Messezeit lösten Volkspolizei und Stasi diese "Zusammenrottungen" durch Verhaftungen auf. Im Juni 1989 gewannen die Friedensgebete weiter an Bedeutung. Das Gebet am 5. Juni besuchten bereits etwa 1.250 Personen. Bis zum letzten Friedensgebet vor der Sommerpause am 3. Juli nahm die Polizei jeden Montagabend Personen fest und verhängte Strafbefehle mit bis zu 10.000 Mark Strafe pro Person. Ein Demonstrant wurde sogar zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach dem Friedensgebet am 4. September 1989 (Messemontag) entrollten Leipziger Bürgerrechtler auf dem mit Menschen gefüllten Nikolaikirchhof Transparente, unter anderem mit der Aufschrift "Für ein offenes Land mit freien Menschen". Innerhalb weniger Sekunden wurden ihnen die Transparente von jungen Männern in Zivil entrissen. Daraufhin protestierte die Menge mit Rufen wie "Stasi raus!", "Wir wollen raus!" und "Freiheit! Freiheit!". Um sich von den "Ausreisern" zu distanzieren riefen viele Demonstranten erstmals auch "Wir bleiben hier". Diese Bilder gingen um die Welt. An den folgenden Montagen demonstrierten sie gemeinsam für eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, wenn auch mit unterschiedlichen Motivationen.


Sammlung: Buch
Hersteller: Böninghausen GmbH, Köln, WDR Köln
Maße: Länge: 29,5 cm; Breite: 18,3 cm
Material: Heftklammer: Metall,
Heftblock: Papier
Farbe: Aufdruck: schwarz,
Heftblock: weiß,
Einband: mehrfarbig,
Aufdruck: blau

Autor/Herausgeber: Pressestelle
Westdeutscher Rundfunk Köln
Verlag: Eigenverlag
Erscheinungsjahr: 1995
Erscheinungsort: Köln
Auflage: Einzelheft
Umfang: 28 S.











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