Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG)

[schließen]

Das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) war nach dem sog. Linienprinzip organisiert: Die meisten Hauptabteilungen (HA) im Ministerium setzten sich als Abteilungen in den einzelnen Bezirksverwaltungen (BVfS) fort. Gemeinsam bildeten sie eine ?Linie?.

Die Gr?ndung der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) bzw. den Bezirkskoordinierungsgruppen (BKG) in den Bezirksverwaltungen f?r Staatssicherheit (BVfS) im Jahre 1976 im Zuge des Befehls 1/75 des {link:00100>Ministers f?r Staatssicherheit, stellten eine Reaktion des MfS auf die deutsch-deutsche und internationale Vertragspolitik dar. Diese Politik wurde von der SED-F?hrung zwar im Sinne der Festschreibung des Status quo in Europa begr??t, zugleich barg sie wegen der zunehmenden Ost-West-Kontakte aber auch Gefahren f?r den Machterhalt.

Die gro?en Erwartungen der B?rger der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Hinblick auf eine Liberalisierung des bis dahin selbst im Vergleich zu anderen Ostblockstaaten ?u?erst restriktiv geregelten Reiseverkehrs verbanden sich auch mit der Hoffnung auf neue Chancen, sich dem SED-Regime durch Flucht zu entziehen oder die dauerhafte Ausreise in den Westen einfordern zu k?nnen. Die Fluchtm?glichkeiten verbesserten sich durch diese vielf?ltigeren Ost-West-Kontakte, und die Ausreiseperspektiven wurden unter Berufung auf die von der DDR eingegangenen internationalen Verpflichtungen besser, insbesondere seit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte von Helsinki. Der dadurch gewachsene Druck auf die DDR wurde vom Staatssicherheitsdienst als strategisches Mittel des Westens zur Destabilisierung des Landes interpretiert. Diesem vermeintlichen Angriff sollte mit einem abgestimmten Vorgehen aller MfS-Diensteinheiten begegnet werden. Die Bildung der ZKG / BKG war ein Bestandteil dieser Strategie.

Ihre Aufgabe bestand zum einen darin, durch koordinierende und anleitende T?tigkeit sowie durch eigene operative Ma?nahmen die Fluchtbewegung und die Antr?ge auf dauerhafte Ausreise unter Kontrolle zu bringen oder ganz zu verhindern. Einen weiteren Arbeitsbereich stellte die Steuerung des Vorgehens des MfS zur Vorbeugung, Aufkl?rung und Verhinderung ?ungesetzlichen Verlassens der DDR? (? 213 StGB der DDR) und zur Bek?mpfung des ?staatsfeindlichen Menschenhandels? (? 105 StGB) dar. Aber auch die politisch-operative Bearbeitung und Kontrolle von Fluchthelferorganisationen sowie die Werbung, Einschleusung und der Einsatz von Inoffiziellen Mitarbeitern in diese Gruppen fiel in ihren Einsatzbereich. Au?erdem k?mmerte man sich auch um aktive Einzelpersonen, die in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) in Verbindung mit ?ungesetzlichen Grenz?bertritten? und ??bersiedlung? in Zusammenhang gebracht werden konnten.

Konzentrierten sich die ZKG / BKG zun?chst vor allem auf die Bek?mpfung der so genannten ""Republikflucht"" und insbesondere der Fluchthilfeorganisationen, so r?ckte ab Ende der 1970er Jahre die Unterbindung von Ausreisebegehren zunehmend in den Mittelpunkt. Ab Mitte der 1980er Jahre erlangte dann, neben der Eind?mmung der weiter eskalierenden Ausreisebewegung, auch die Bek?mpfung der Fluchtbewegung wieder h?heres Gewicht f?r die Arbeit der ZKG / BKG. Auf das Anwachsen dieser Probleme reagierte das MfS mit einer st?ndigen Erweiterung der Aufgaben und Zust?ndigkeiten sowie mit Ver?nderungen der Organisationsstruktur und des Personalbestands. Aus urspr?nglich drei Bereichen im Jahre 1976/77 entwickelten sich bis 1983 vier Abteilungen, die bis Ende 1986 um zwei weitere auf insgesamt sechs aufgestockt wurden. Erst zu Beginn des Jahres 1987 fand die ZKG ihre endg?ltige Struktur.

Anf?nglich als Koordinierungsstelle konzipiert, ?bernahm sie schlie?lich die Federf?hrung f?r die ?Bearbeitung"" des gesamten Bereichs von Flucht und Ausreise. Das MfS sprach in diesem Zusammenhang von einem ?Federf?hrungskomplex"". Damit verbunden war die Zunahme eigenst?ndiger operativer T?tigkeit (und zwar sowohl ?im und nach dem Operationsgebiet"" als auch im Ostblock) und die verst?rkte Einflussnahme auf alle staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche, die mit der Ausreisebewegung befasst und zu ihrer ?Zur?ckdr?ngung"" verpflichtet waren. Unterstellt war die ZKG dem Stellvertretenden Minister f?r Staatssicherheit, Generalleutnant Gerhard Neiber.

Trotz gro?er Anstrengungen gelang es der ZKG und den BKG zu keinem Zeitpunkt, den von Erich Mielke gegebenen ""Kampfauftrag"" zu erf?llen, n?mlich, einen ""deutlichen R?ckgang der Versuche der ?bersiedlungen und des ungesetzlichen Verlassens der DDR zu erreichen"". Die strategischen Konzepte zur Eind?mmung der Ausreisebewegung zielten zwar auf differenzierte Ma?nahmen im Umgang mit den Antragstellern auf st?ndige Ausreise (AstA), diese konnten dennoch nicht verhindern, dass die Zahl der ausreisewilligen B?rger st?ndig zunahm. In den letzten Jahren der DDR explodierte sie regelrecht. Auch die im Laufe der Jahre von der ZKG verst?rkt wahrgenommenen ""politisch-operativen"" Aufgaben und die intensivere Einwirkung auf gesellschaftliche und staatliche Verantwortungstr?ger konnten keine ?Trendwende"" bewirken. Lediglich im ?Kampf"" gegen die Fluchthilfe f?hrte die T?tigkeit der ZKG / BKG l?ngerfristig zu Erfolgen. Sie schlugen sich in der Eind?mmung und Ausschaltung bedeutender Gruppierungen nieder. Eine wichtige Rolle ?bernahm die ZKG im Jahre 1989 auch bei der L?sung von so genannten Konfliktf?llen wie den Botschaftsbesetzungen.

Die Zentrale Koordinierungsgruppe ?bersiedlung hatte 192 Mitarbeiter in Berlin. Die entsprechende Bezirkskoordinierungsgruppe (BKG) in Leipzig z?hlte 16 Mitarbeiter (Stand: 1989).


Glossar
Literatur