Geruchsproben

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Das Sammeln von Geruchsproben war eine g?ngige Methode des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS), um unsichtbare Spuren von Personen zu sichern und auf diese Weise ?feindlich-negative? Aktivit?ten, z.B. von Oppositionellen, aufzukl?ren und die dazugeh?rigen ?T?ter? zu ermitteln. Dem Verfahren lag die Annahme zugrunde, dass ?jeder Mensch (?) beim Kontakt mit seiner Umwelt, unabh?ngig von seinem Willen, seinen Individualgeruch? hinterl?sst (Zitat aus der Anleitung, Inv.-Nr. 00355/2). Entsprechend der Strategie der ?prophylaktischen Ermittlung? sicherte das MfS von m?glichst vielen Personen und Tatorten die Ger?che in Form von Geruchsproben. In der MfS-Terminologie wurde dabei unterschieden zwischen Proben, die von bestimmten Personen genommen und damit eindeutig zugeordnet werden konnten (?Geruchskonserven?) und Proben, die an Tatorten und Gegenst?nden aufgenommen worden waren und zur Bestimmung des vermeintlichen Delinquenten erst noch beitragen sollten (?Geruchsspuren? bzw. ?odorologische Spuren?).

Die Proben wurden hergestellt, indem ein steriles Staubtuch aus Filz f?r mindestens eine halbe Stunde auf den ?Spurentr?ger? (z.B. die Sitzfl?che eines Stuhls) gelegt und anschlie?end mit einer Pinzette oder Zange aufgenommen und in ein Einweckglas gelegt wurde. Personen-Geruchsproben wurden meist konspirativ, also ohne Wissen des Betroffenen angefertigt. Daf?r konnte entweder eine ?konspirative Wohnungsdurchsuchung? genutzt werden, oder die Probe wurde nachtr?glich von der Sitzfl?che abgenommen, auf der die Zielperson w?hrend einer inszenierten Vorladung gesessen hatte. Die so gewonnenen Geruchskonserven dienten bei Ermittlungen als Vergleichsproben: Wenn z.B. nach dem Urheber eines illegalen Flugblattes gefahndet wurde, konnten speziell f?r diesen Zweck abgerichtete ?Differenzierungshunde? die Flugbl?tter (bzw. die eingeweckten Geruchsspuren der Flugbl?tter) der entsprechenden Geruchskonserve zuordnen und den Gesuchten dadurch identifizierten.

In der Bezirksverwaltung f?r Staatssicherheit (BVfS) Leipzig wurde der Geruchskonserven-Speicher von der Abteilung XX gef?hrt, f?r die Herstellung der Proben zeichnete die Abteilung 26 verantwortlich. Im Verlauf der Besetzung der Leipziger BVfS am 4. Dezember 1989 fanden B?rger gro?e Teile der Sammlung im Geb?ude der Kreisdienststelle des MfS Leipzig-Stadt. Ehe die Einweckgl?ser jedoch endg?ltig vom B?rgerkomitee ?bernommen werden konnten, mussten sie ein zweites Mal gesichert werden: Die Volkspolizei, die ebenfalls mit Geruchsproben f?r Fahndungszwecke arbeitete, hatte versucht, sich die Gl?ser f?r den eigenen Bedarf f?r die Diensthundestaffel Leipzig-Gohlis zu sichern. Wie sich herausstellte, hatte das MfS eine komplette Geruchskonservensammlung der Leipziger Opposition zusammengestellt - so fanden nicht wenige der an der Aufl?sung des MfS beteiligten B?rger ihre eigenen Namen auf den Etiketten der Gl?ser.


Glossar
Literatur