Kundschafter und Gruppe ?Ramsay?

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Mit dem Begriff ?Kundschafter? bezeichneten die kommunistischen Nachrichtendienste die eigenen Agenten. Im Selbstverst?ndnis ?stlicher Geheimdienstt?tigkeit wurden sie auch im quasi-religi?sen Wortschatz als ?Kundschafter des Friedens? oder ?Kundschafter an der geheimen Front? verkl?rt. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bezeichnete man damit die im ?Operationsgebiet? (vorwiegend Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin), aber auch die in der DDR gegen ausl?ndische B?rger und Einrichtungen eingesetzten Mitarbeiter des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS). Die Bezeichnung sollte verdeutlichen, das die DDR keine Spione und Agenten im herk?mmlichen Sinne einsetzte ? in der DDR-Darstellung galt die ?Aufkl?rungsarbeit? der ?Kundschafter? ausschlie?lich der Sicherung der DDR und des Friedens und der Verhinderung eines Krieges. In dieser Weise wurde der Einsatz der eigenen ?Agenten? gerechtfertigt und auch als notwendig betrachtet. Die Mitarbeiter westlicher Geheimdienste hingegen wurden als ?Feinde des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus? angesehen, die im Auftrag von ?Kriegstreibern? gegen die DDR und die anderen ?friedliebenden? (sprich sozialistischen und kommunistischen) L?nder agierten.

Die Gruppe ?Ramsay? war eng mit dem Namen Richard Sorge verbunden. Sorge erhielt im Jahre 1925 den Auftrag, in der Komintern-Zentrale (Kommunistische Internationale) in Moskau zu arbeiten, wo er vom Leiter des milit?rischen Nachrichtendienstes, General Jan Bersin (genannt ?Der Alte?), f?r Kundschaftert?tigkeiten f?r die Rote Armee angeworben wurde. Am Anfang des Jahres 1933 wurde er dann schlie?lich beauftragt, eine Kundschaftergruppe in Japan aufzubauen, die sp?ter als die Gruppe ?Ramsay? bekannt wurde. Erste Voraussetzungen f?r jene Kundschaftergruppe hatte Sorge bereits bei einem seiner fr?heren Eins?tze schaffen k?nnen. Er lernte dort seinen wichtigsten sp?teren Mitstreiter, den japanischen Journalisten, Hozumi Ozaki kennen, der zu jenem Zeitpunkt der Nachrichtengruppe der Kommunistischen Partei Chinas (KP) angeh?rte. Ozaki kehrte 1932 nach Japan zur?ck und wurde bereits 1933 Berater des Stabes des japanischen Expeditionskorps f?r China und 1933 Berater der Regierung des Prinzen Konoe in Japan. In Folge dessen erhielt er Zugang zu den bedeutendsten F?hrungskreisen Japans und Einblicke in die Strategien und Absichten der herrschenden japanischen Kreise.

Vor allem durch Sorges intensive Kontakte zu Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Tokio und vielen weiteren einflussreichen Ausl?ndern in Japan war es der Gruppe m?glich, ein breites Spektrum an Informationsgewinnung zu gew?hrleisten. So z?hlte der langj?hrige Milit?rattach? und sp?tere deutsche Botschafter Dr. Eugen Ott zu seinen engsten Beratern. Auch zu japanischen Organisationen, Forschungseinrichtungen und zur Wirtschaft pflegte Sorge au?erordentlich gute Beziehungen. Damit gewann er einen tiefen Einblick in den Austausch von Ergebnissen der milit?rischen Forschung und Entwicklung zwischen Deutschland und Japan. In diesem Zusammenhang gewann die Gruppe ?Ramsay? fr?hzeitig Information zum geplanten ?berfall Hitlers auf die Sowjetunion (Aktion ?Barbarossa?). Ungl?cklicherweise konnte die Sowjetregierung diese Information nicht verifizieren, so dass es zu erheblichen Verz?gerungen bei der Mobilmachung der Roten Armee kam. Andererseits gelangte es Ozaki, Einblick in geheime kaiserliche Protokolle zu gewinnen. Sie zeigten Kriegspl?ne Japans gegen die USA, England und die Niederlande auf. Da Japan keinen Zweifrontenkrieg f?hren konnte, wurde die UdSSR vor einem Angriff Japans bewahrt und konnte die innere Lage schnell stabilisieren. Jedoch wurden die Spionaget?tigkeiten des Agentenrings im Oktober 1941 aufgedeckt. Es kam zu zahlreichen Verhaftungen und Richard Sorge bzw. Hozumi Ozaki wurden zum Tode verurteilt. Der Gruppe ?Ramsay? geh?rten nach heutiger Auffassung 32 Japaner, vier Deutsche, zwei Jugoslawen und Brite an, die den Kriegskurs des kaiserlichen Japans ablehnten und sich auch aktiv in die Opposition begaben.


Glossar
Literatur