Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM)

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Die Ost-Berliner Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) wurde offiziell 1986 gegr?ndet und war eine der wichtigsten Oppositionsgruppen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in der Sp?tphase der SED-Herrschaft. Sie besch?ftigte sich vor allem mit der Dokumentation und Anklage von Menschenrechtsverletzungen in der DDR und stand ein f?r B?rgerrechte und Demokratie. Sie versuchte eine kritische und staatlich unabh?ngige Gegen?ffentlichkeit zu schaffen ? einerseits durch die eigene Samisdat-Zeitschrift ?Grenzfall?, andererseits durch gezielten Einsatz westdeutscher Medien. Die IFM unterschied sich von den meisten oppositionellen Gruppen in den 1980er Jahren vor allem darin, dass sie bewusst auf das sch?tzende Dach der Kirche verzichtete.

Die Wurzeln der IFM liegen in der unabh?ngigen Friedensbewegung in der DDR, die fast vollst?ndig mit der evangelischen Kirche verbunden war. Seit 1983 tagte in diesem Rahmen das Netzwerk ?Konkret f?r den Frieden?, das zwar zu den wichtigsten und gr??ten oppositionellen Netzwerken der DDR geh?rte, aber doch immer mit der evangelischen Kirche verbunden blieb. Seminare, die zu diesen Veranstaltungen abgehalten wurden, positionierten sich thematisch zu Umwelt, Frieden und Fragen der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde dieser Themenkanon durch eine immer wichtiger werdende Menschenrechtsdiskussion erg?nzt. Innerhalb der kirchlichen Friedensgruppen setzte sich zunehmend die Ansicht durch, dass ein Staat, der st?ndig den Frieden aller V?lker betone, zuerst seinen B?rgern gegen?ber friedlich auftreten m?sse. Zwischen Frieden halten und der Einhaltung von Menschenrechten bestehe folglich ein unaufl?sbarer Zusammenhang. Ein durch die Kirche auf Druck des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS) abgesagtes Menschenrechtsseminar im November 1985 f?hrte dann zur Bildung der IFM.

Am 29. Juni 1986 erschien die erste Ausgabe des ?Grenzfall?, die auf den Vermerk ?zum innerkirchlichen Gebrauch? verzichtete und damit einen Affront gegen die staatliche Medienpolitik darstellte. Das Blatt stellte damit die erste wirkliche regelm??ig erscheinende illegale Zeitschrift der DDR dar. Die IFM war stark mit Inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit durchsetzt, f?hrende Mitglieder wurde in Operativen Vorg?ngen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) bearbeitet.

Die IFM klagte vor allem bestehende Rechtsnormen ein, die in der politischen Praxis des SED-Staates jedoch missachtet wurden. Dabei griff sie auf ein Netzwerk zu, dass sie mit osteurop?ischen Oppositionsgruppen verband und das es ihr erm?glichte, in bundesdeutschen Medien durch Aufrufe und Stellungnahmen Aufmerksamkeit zu erlangen. In der DDR agierte sie mit schriftlichen Eingaben, polizeilichen Anzeigen, Aufrufen (z.B. ein Appell zum UNO-Jahr des Friedens 1986) oder Initiativen zu Volksbefragungen (z.B. zu den Ursachen der Ausreisewelle 1989) hart am ?u?ersten Ende des rechtlichen Rahmens. Als eine der wenigen Oppositionsgruppen distanzierte sich die IFM von dem Gedanken, das Sozialismusmodell reformieren zu k?nnen.

Anfang 1988 wurde die IFM hart getroffen, als das MfS im Rahmen der ?Aktion St?renfried? die Mitglieder Werner Fischer, B?rbel Bohley, Ralf Hirsch und das Ehepaar Templin verhaftete. Unter Androhung langer Haftstrafen zwang man sie die DDR zu verlassen. Die verbliebenen Gruppenmitglieder hielten zwar engen Kontakt zu denen, die in die Bundesrepublik abgeschoben wurden, sie konnten aber nicht verhindern, dass die Opposition in Ost-Berlin von Resignation und Stagnation befallen wurde. Die nach den Verhaftungen in einigen Teilen der DDR einsetzenden Solidarit?tsbekundungen hatten aber Anteil daran, dass viele oppositionelle Gruppen im Land deutlich an politischem Profil gewannen ? so auch die Arbeitsgruppe Menschenrechte (AGM) und der Arbeitskreis Gerechtigkeit (AKG) in Leipzig.

Im M?rz 1989 ver?ffentlichte die IFM ein Papier in dem sie zur landesweiten Zusammenarbeit aufrief. Das bis dahin aktionsorientierte Potential der Opposition sollte in politische Strukturen ?berf?hrt werden, um den Demokratisierungsprozess gestaltend vorantreiben zu k?nnen. Gleichzeitig sollte auch der kirchliche Schutzraum verlassen werden, um die breite Bev?lkerung hinter sich zu versammeln. Vor allem mit den Leipziger Oppositionsgruppen wurde die Kooperation intensiviert. Einen fl?chendeckenden Zusammenschluss erreichte man aber nicht. Erst im Herbst 89 zeigten sich die Erfolge. An fast allen Gr?ndungen politischer Initiativen w?hrend der Friedlichen Revolution waren IFM-Mitglieder f?hrend beteiligt, beispielsweise B?rbel Bohley im Neuen Forum, Ulrike Poppe bei Demokratie Jetzt und Marianne Birthler f?r die ?Gr?ne Partei der DDR? (im Jahr 2000 ?bernahm sie die Leitung der BStU).

Im Februar 1990 wandelte sich die IFM in eine politische Vereinigung mit fester Mitgliedschaft, die sich mit anderen Gruppen als Listenverbindung ?B?ndnis 90? zur ersten freien, geheimen (und letzten) Volkskammerwahl stellte. Auch bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen im Dezember 1990 waren Mitglieder der IFM in der Listenvereinigung ?Die Gr?nen/B?ndnis 90? vertreten.


Glossar
Literatur