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Mittwoch, den 22. April 2009

"Wir wollen raus!" <-> "Wir bleiben hier!": Das"Gemischte Doppel" zur

Kategorie: Pressemitteilung
Gedenkstätte Museum in der „Runde Ecke“ lädt am 25. April 2009, von 18.00 bis 1.00 Uhr zur zehnten Museumsnacht ein

20 Jahre nach der Friedlichen Revolution, an die das Museum in der „Runden Ecke“ in diesem Jahr auch zur Museumsnacht erinnert, werden wieder die Parolen von zwei Gruppen laut, die beide im Herbst ´89 mit ihrem friedlichen Protest die SED-Diktatur zu Fall brachten. Unterschiedlicher könnten sie jedoch nicht sein: Zum einen waren es die Ausreisewilligen, die ein Leben in Westdeutschland, dem in der maroden DDR vorzogen und ihr „Wir wollen raus“ immer lauter skandierten. Zum anderen war es die wesentlich kleinere Gruppe von Oppositionellen, die für demokratische Grundrechte demonstrierte und mit zahlreichen Aktionen, besonders den Friedensgebeten, auf Missstände aufmerksam machte. Dieses „Gemischte Doppel“ ging 1989 die entscheidende Allianz ein, ohne die der Erfolg der Friedlichen Revolution so nicht möglich gewesen wäre.

Ständige Erläuterungen in der Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“

In originalen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung der Staatssicherheit bietet das Bürgerkomitee Leipzig e.V. den Besuchern ständige Erläuterungen, zum Beispiel wie die kommunistische Geheimpolizei der Sowjetunion zum großen Bruder der Stasi wurde. Besonders deutlich wird dies in der Verehrung des berüchtigten Feliks Dzierzynski, dem Chef der ersten sowjetischen Geheimpolizei Tscheka. Anhand verschiedener Devotionalien sowie Erläuterungen sehen die Besucher, wie sehr das Sowjetregime die DDR-Diktatur von Anfang an beeinflusste. Weiterhin ist zu erfahren, wie die Stasi besonders auf den Transitstrecken deutsch-deutsche Beziehungen durchkreuzte. Zahlreiche Objekte und Methoden zur Grenzkontrolle werden hier erläutert. Außerdem präsentiert das Museum in der „Runden Ecke“ Objekte aus dem Stasi-Bunker in Machern und zeigt damit, wie die Stasi auf doppelte Sicherheit setzte. Als Friedensbezirksverwaltung diente das Gebäude am Dittrichring, im Falle eines Krieges hätte der Chef der Bezirksverwaltung mit etwa 100 hauptamtlichen Mitarbeitern von der so genannten Ausweichführungsstelle (AFüSt) aus den Apparat der Leipziger Stasi weiter dirigiert. Objekte aus dieser „Kriegsbezirksverwaltung“ werden zur Museumsnacht besonders erläutert.

Fotoausstellung zum Herbst ´89

Anlässlich des 20. Jahrestages der Friedlichen Revolution ist im Saalbau im Museum in der „Runden Ecke“ eine Fotoausstellung zum Herbst ´89 zu sehen. Die eindrücklichen Fotos von Johannes Beleites zeigen, wie in Leipzig tausende von Menschen ihre Angst überwanden und auf die Straße gingen, um gegen das SED-Regime zu protestieren. Die Bilder dieser Demonstrationen auf dem Ring der Stadt Leipzig gingen im Oktober 1989 um die Welt. Heute symbolisieren sie, wie engagierte Menschen maßgeblich zur Erosion einer Diktatur beigetragen haben. Die rund 20 großformatigen Fotographien werden in ständigen Führungen erläutert und so dem Besucher näher gebracht.

Ehemalige Hinrichtungsstätte in der Alfred-Kästner-Straße (Eingang Arndtstraße 48) geöffnet

Zur Museumsnacht besteht die seltene Möglichkeit, die originalen Räume der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR zu besichtigen. Das Bürgerkomitee bietet hier ständig Führungen an. Eine Werkausstellung vor Ort vermittelt in komprimierter Form die wichtigsten Fakten zu gesetzlichen Grundlagen, zur Verhängung und zur Vollstreckung der Todesstrafe in Leipzig. Hier wurden ab 1960 alle in der DDR gefällten Todesurteile vollstreckt – 64 Menschen verloren nach heutigen Erkenntnissen ihr Leben. In der Zeit von 18.00 – 1.00 Uhr finden ständig Führungen statt. Die ehemalige Hinrichtungsstätte ist Besuchern außer zur Museumsnacht nur zum Tag des Offenen Denkmals zugänglich.

In Leipzig fanden die Hinrichtungen zunächst mittels Guillotine statt. Ab 1968 wurden sie per unerwartetem Nahschuss ins Hinterhaupt vollzogen. Anwesend war jeweils nur ein kleiner Kreis eingeweihter Personen. Die Leichname brachte man zur Einäscherung ins Krematorium auf dem Leipziger Südfriedhof, wo sie anonym als „Anatomieleichen“ verzeichnet und beigesetzt wurden.

Todesurteile konnten in der DDR wegen Mordes, NS-Verbrechen sowie verschiedener Straftaten im Bereich Staatsverbrechen /Wirtschaftsverbrechen / Wirtschaftsspionage ausgesprochen werden; oft waren die Tatvorwürfe aber manipuliert. Die Frage nach der Schuld der Hingerichteten relativiert sich angesichts der Tatsache, dass sie Opfer von nicht rechtsstaatlichen Verfahren wurden, in denen das Urteil praktisch von Anfang an feststand. Selbst die Totenscheine wurden gefälscht und verschleierten die wahre Ursache und den Ort des Ablebens. Abgeschafft wurde die Todesstrafe in der DDR erst 1987.

Da die denkmalgeschützte Stätte momentan nur an wenigen Tagen zu besichtigen ist, arbeitet das Bürgerkomitee gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz daran, sie künftig als justizgeschichtlichen Erinnerungsort regelmäßig zugänglich zu machen.