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Freitag, den 15. April 2011

Museum in der "Runden Ecke" ist Tagungsort für den Stiftungsrat der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge

Kategorie: Pressemitteilung

Der Stiftungsrat tagt am 18. April 2011 im ehemaligen Stasi-Kinosaal

Das Bürgerkomitee Leipzig e.V. als Trägerverein der Gedenkstätte freut sich mit der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge eine Institution begrüßen zu können, die sich schon seit 1969 für die Aufarbeitung der SED-Diktatur einsetzt. In der „Runden Ecke“, wo sich fast vierzig Jahre lang mit der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit der Repressionsapparat der SED-Diktatur befand, informiert das Bürgerkomitee heute über Geschichte Struktur und Arbeitsweise des MfS, beteiligt sich an aktuellen politischen Diskursen und dient auch als Anlaufstelle für Opfer der SED-Diktatur. Das Anliegen der Stiftung für politische Häftlinge findet somit die volle Unterstützung der Gedenkstätte.

Die Stiftung mit Sitz in Bonn hat die Aufgabe, anerkannte politische Häftlinge, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, finanziell zu unterstützen. Neben der Zahlung solcher sozialen Ausgleichsleistungen informiert sie Betroffene über gesetzliche Ansprüche, Zuständigkeiten und weitere Hilfsmöglichkeiten. Sie ergänzt somit als Bundeseinrichtung das Beratungs- und Hilfsangebot der Landesbehörden und zahlreichen Opfervereinigungen.

Leipzig als Tagungsort für die - aus rechtlichen Gründen - nicht-öffentliche Sitzung zu wählen, war ein lang gehegter Wunsch der Stiftungsverantwortlichen – und dies nicht nur aus symbolischen Gründen: mehr als 70% der in der ehemaligen DDR bzw. sowjetischen Besatzungszone aus politischen Gründen Inhaftierten und nunmehr Unterstützungsberechtigten haben ihre Heimat weiterhin in den neuen Bundesländern. Die Stiftung tagt im April erstmals in einer ostdeutschen Stadt und damit an ihre Hauptwirkungsstätte.

Das Aufgabengebiet der Stiftung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stetig erweitert: neben den nach wie vor zahlreichen Personen, die als Deutsche und Volksdeutsche nach Ende des 2. Weltkrieges in Gefangenschaft gerieten, konnten mit Mauerfall die Opfer des SED-Regimes auf Unterstützung durch die Stiftung zählen. Von 1990 bis 1995 übernahm die Stiftung mit ihrer hierfür eigens eingerichteten Dienststelle in Berlin die Anerkennungsverfahren bis zum Aufbau der Verwaltung in den neuen Bundesländern. Aktuell hilft die Stiftung rund 3.600 Betroffenen aus dem Beitrittsgebiet und mehr als 5.000 Personen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und volksdeutschen Siedlungsgebieten im Ausland mit einem jährlichen Unterstützungsbetrag.

Unverändert geblieben sind auch nach 40 Jahren die Themen: der Stiftungsrat wird am 18. April einmal mehr über eine faire Verteilung der Haushaltsmittel und Möglichkeiten diskutieren, wie die Lebensbedingungen der von politischer Haft Betroffenen weiter verbessert werden können.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion und Dresdner Bürgerrechtler Arnold Vaatz, der zu Beginn der 1980er für seine Verweigerung des Reservedienstes selbst in Haft saß, wird anlässlich der Sitzung über die Entwicklung der Häftlingsentschädigungen seit der Wiedervereinigung berichten

Im Anschluss an die Sitzung wird der Stiftungsrat und der Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz ab 13.30 Uhr vom Leiter der Gedenkstätte, Tobias Hollitzer, durch die Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität geführt.

Zusatzinformationen zur Stiftung:

Allgemeines

Die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge ist durch § 15 des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz – HHG) als rechtsfähige bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet worden (Errichtungszeitpunkt 1.8.1969). Die Aufnahme ihrer Tätigkeit erfolgte am 1.7.1970; bis heute ist der Sitz der Geschäftsstelle in Bonn.

Die Stiftung hat die Aufgabe, Unterstützungen nach § 18 HHG an anerkannte politische Häftlinge und deren Hinterbliebene zur Linderung einer Notlage zu gewähren bzw. im Rahmen des § 18 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) an Personen, die in ihrer wirtschaftlichen Lage besonderes beeinträchtigt sind.

Der Fall der Mauer brachte eine kurzfristige Pause in die immer wieder aufbrandenden Diskussionen um den Fortbestand der Stiftung: Gemäß Einigungsvertrag führte sie mit ihrer zusätzlichen Dienststelle in Berlin bis Ende 1995 das Anerkennungsverfahren für Betroffene in den neuen Bundesländern durch und gewährte (ab Inkrafttreten des StrRehaG am 4.11.1992) dort auch die Kapitalentschädigung. Aufgrund des immensen Arbeitsanfalls wurde sie 1995 zudem von einer zusätzlichen Dienststelle in Nürnberg unterstützt. Nach Errichtung entsprechender Verwaltungsstrukturen in den neuen Ländern konnten diese Aufgabenbereiche wieder an die Länder übergeben und die vorgenannten Dienststellen aufgelöst werden.

Dass eine mit diesem sensiblen Thema betraute Einrichtung bislang für keine negative Schlagzeilen sorgte und bei den Betroffenen ein durchweg hohes Ansehen genießt, liegt nicht zuletzt in der Besonderheit der Stiftungsstruktur begründet: Die selbst von politischer Haft Betroffenen sind in sämtlichen Gremien der Stiftung vertreten und treffen als Vorstandsmitglied oder Beisitzer in den Ausschüssen die letzte Entscheidung über die Mittelvergabe. Auch der 12-köpfige Stiftungsrat, der die grundlegenden Weichen der Stiftungsarbeit stellt, ist neben Vertretern der Fachbehörden gleichberechtigt mit Betroffenen und Abgesandten der Opferverbände besetzt. Diese Mischung unterschiedlichster Kompetenzen und Erfahrungen und die Einbindung der Betroffenen mit ihren Erlebnissen gewährleistet seit jeher fachlich fundierte Diskussionen und eine hohe Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen.

Zahlen und Statistiken

Seit Einführung der Rehabilitierungsgesetze hat die Stiftung von 1993 bis 2010 rund 130 Mio. € an Unterstützungsleistungen nach § 18 StrRehaG an die Betroffenen aus dem Gebiet der ehemaligen DDR/SBZ gezahlt.

Unterstützungsleistungen nach § 18 HHG wurden seit Aufnahme der Stiftungstätigkeit 1970 bis 2010 in Höhe von rund 43 Mio. € ausgezahlt, z.T. als sog. „Soforthilfe“ nach dem zwischenzeitlich aufgehobenen § 18 Abs. 2 HHG.

Aufgrund der Möglichkeit von Mehrfachanträgen ist die dahinter stehende Anzahl von unterstützten Personen kaum abzuschätzen. Die Stiftung erwartet jedoch für 2011 rund 10.000 Anträge von Betroffenen.