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Donnerstag, den 05. Mai 2011

"Heimliche Liebe": Museumsnacht im Museum in der "Runden Ecke"

Kategorie: Pressemitteilung

Umfangreiches Programm an drei verschiedenen Orten

Am 7. Mai ist es wieder soweit. Die Städte Halle und Leipzig veranstalten die dritte gemeinsame Museumsnacht unter dem Motto „Heimliche Liebe“. Auch die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ beteiligt sich wieder mit den drei
Einrichtungen: ehemalige zentrale Hinrichtungsstätte in der Südvorstadt Leipzigs, Museum im Stasi-Bunker in Machern und dem Museum in der „Runden Ecke“ in der Leipziger Innenstadt.

„Ich liebe doch alle“
Ständige Erläuterungen in der Dauerausstellung „Stasi – Macht und Banalität“

In originalen Räumen der ehemaligen Bezirksverwaltung der Staatssicherheit bietet das Bürgerkomitee Leipzig e.V. den Besuchern ständige Erläuterungen und verkehrt das Motto „Heimliche Liebe“ in das Unheimliche. Stasi-Chef Erich Mielke behauptete am 13. August 1989 in seiner legendären Rede vor der DDR-Volkskammer, doch alle Menschen zu lieben. Eine „Liebe“, die Überwachung, Drohung und Repression bedeutete.

Die Dauerausstellung der Gedenkstätte informiert über Geschichte, Struktur und Arbeitsmethoden des DDR-Geheimdienstes. Zahlreiche Exponate, darunter eine Maskierungswerkstatt, Geruchskonserven sowie Geräte zum Kontrollieren von Post und Abhören von Telefonaten, sind einzigartig. Sie dokumentieren die perfiden Maßnahmen zur Bespitzelung der eigenen Bevölkerung. Dabei wurden auch viele banale Details in den penibel geführten Akten festgehalten.


Von der heimlichen Freiheitsliebe zum öffentlichen Protest: Leipzig 1989/90
Führungen durch die Sonderausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“

Auch im Kinosaal der ehemaligen Bezirksverwaltung der Staatssicherheit wird es ein umfangreiches Programm zur Museumsnacht geben. Die Sonderausstellung zeigt die Entwicklung der Opposition im Jahr 1989, die Montagsdemonstrationen, die Entstehung der Runden Tische bis hin zur Deutschen Einheit. Zahlreiche Objekte, bewegte Bilder, einmalige Fotos und Dokumente bringen die damalige Stimmung näher. Ab 18.00 Uhr wird es  stündlich Führungen durch die Sonderausstellung geben.

Filmvorführungen und Buchlesung im ehemaligen Stasi-Kinosaal

Außerdem sind drei Filme zu sehen und eine Buchlesung zu hören: Um 18.00 Uhr zeigt die Gedenkstätte den 2008 produzierten Spielfilm „Zwölf heißt: ‚Ich liebe dich‘“; in dem sich ein Stasi-Offizier in eine Gefangene verliebt. Im  Anschluss, 20.00 Uhr, wird Cäcilia Albrecht aus Ihrem autobiografischen Buch „Nur noch 180 Meter. Liebe im Schatten der Mauer“ lesen. Darauf folgen zwei weitere Filme: Um 21.00 Uhr „Westflug – Entführung aus Liebe“, ein Liebesdrama von 2010, und 23.30 Uhr die Sachsenspiegel-Reportage „Huren unter Honecker“.

Museum im Stasi-Bunker in Machern bereits ab 13.00 bis 19.00 Uhr geöffnet


Bereits im Vorfeld ist der Stasi-Bunker für Besucher der Museumsnacht, aber auch für den regulären Besucherverkehr geöffnet. Von 13.00 bis 19.00 Uhr kann die ehemalige Ausweichführungsstelle, die vor 20 Jahren enttarnt wurde und seit dem der Öffentlichkeit komplett zugänglich ist, besucht werden. Zu besichtigen sind das 5,2 Hektar große, denkmalgeschützte Gesamtgelände mit allen erhaltenen Bauten und Anlagen, sowie das 1.500 Quadratmeter  umfassende Bunkerinnere. Im Rahmen von Führungen wird unter anderem veranschaulicht, wie die Versorgungssysteme funktionierten, wie DDR-weit
Nachrichtenkontakte zustande gekommen wären und welche  Überlebensstrategien sich die Staatssicherheit für einen Atomschlag entwickelt hatte. Der Rundgang vermittelt wie das MfS auch im Ernstfall die SED-Diktatur sichern wollte – bis hin zur geplanten Einrichtung von Isolierungslagern für Oppositionelle. Den ausufernden Planungen der Stasi für den Ernstfall kann
man nun im Sinne des Wortes auf den Grund gehen.

Achtung: Die Fahrtberechtigung auf der Eintrittskarte gilt nicht für die Tarifzone zum Bahnhof Machern. Anfahrt mit dem Auto über B6.

Ehemalige Hinrichtungsstätte in der Alfred-Kästner-Straße (Eingang Arndtstraße 48) geöffnet

Zur Museumsnacht besteht die seltene Möglichkeit, die originalen Räume der ehemaligen zentralen Hinrichtungsstätte der DDR zu besichtigen. Das Bürgerkomitee bietet hier ständig Führungen an. Eine Werkausstellung vor Ort vermittelt in komprimierter Form die wichtigsten Fakten zu gesetzlichen Grundlagen, zur Verhängung und zur Vollstreckung der Todesstrafe in Leipzig. Hier wurden ab 1960 alle in der DDR gefällten Todesurteile vollstreckt – 64 Menschen verloren nach heutigen Erkenntnissen ihr Leben. In der Zeit von 18.00 – 1.00 Uhr finden ständig Führungen statt. Die ehemalige Hinrichtungsstätte ist Besuchern außer zur Museumsnacht nur zum Tag des Offenen Denkmals zugänglich.

In Leipzig fanden die Hinrichtungen zunächst mittels Guillotine statt. Ab 1968 wurden sie per unerwartetem Nahschuss ins Hinterhaupt vollzogen. Anwesend war jeweils nur ein kleiner Kreis eingeweihter Personen. Die Leichname brachte man zur Einäscherung ins Krematorium auf dem Leipziger Südfriedhof, wo sie anonym als „Anatomieleichen“ verzeichnet und beigesetzt wurden.

Todesurteile konnten in der DDR wegen Mordes, NS-Verbrechen sowie verschiedener Straftaten im Bereich Staatsverbrechen / Wirtschaftsverbrechen / Wirtschaftsspionage ausgesprochen werden; oft waren die Tatvorwürfe aber manipuliert. Die Frage nach der Schuld der Hingerichteten relativiert sich angesichts der Tatsache, dass sie Opfer von nicht rechtsstaatlichen Verfahren wurden, in denen das Urteil praktisch von Anfang an feststand. Selbst die Totenscheine wurden gefälscht und verschleierten die wahre Ursache und den Ort des Ablebens.

Momentan ist die denkmalgeschützten Stätte nur an wenigen Tagen zu besichtigen. Das Bürgerkomitee arbeitet jedoch gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz daran, sie künftig als justizgeschichtlichen Erinnerungsort regelmäßig zugänglich zu machen.

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